Die Welt der Medizin erlebt einen spannenden Wandel. Waren Schulmedizin und Naturheilkunde einst oft verfeindete Lager, so rücken sie heute immer näher zusammen. Integrative Medizin ist das Ergebnis dieser Entwicklung: Ein ganzheitlicher Ansatz, der das Beste aus beiden Welten vereint. Dabei werden konventionelle medizinische Verfahren mit naturheilkundlichen Methoden kombiniert, um die Gesundheit des Menschen auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene zu fördern.
➥ Autor: Niki Vogt
Naturheilkunde: Mehr als nur Aberglaube – wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxisbeispiele
Früher Konflikt: Schulmedizin versus Naturheilkunde
Noch vor wenigen Jahren regten sich Schulmediziner über die verantwortungslosen Spinner auf, die keine Ahnung von Medizin und Wissenschaft hatten und doch wirklich glaubten, mit irgendwelchem Unkraut Krankheiten heilen zu können. Die Naturheilkundler dagegen unterstellten den Schulmedizinern teilweise, sie würden die Kranken empathielos abfertigen, ja sogar vergiften und das große Geld machen.
Wissenschaftlicher Durchbruch für die Naturheilkunde
Doch das ändert sich langsam, aber tiefgreifend. Zum einen gab es Wissenschaftler, die die alte Volksmedizin und „das Unkraut“ einfach einmal vorurteilsfrei in Studien auf den Prüfstand stellten. Dabei fanden sie heraus, dass diese Mittel wirksam sind. Teilweise wirken sie sogar besser und ganzheitlicher als die pharmazeutischen Präparate und sind dazu noch verträglicher. Einige Pflanzen enthalten hochwirksame, aber auch giftige Substanzen, die bei exakter Handhabung den chemischen Substanzen überlegen sind. Ihre sichere Anwendung erfordert jedoch eine gründliche Ausbildung.
Bewährte Mittel: Strophantin, Weißdorn und Digitalis
So gibt es einige naturheilkundliche Behandlungsmöglichkeiten bei Herzproblemen. Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems stellen die häufigste Todesursache dar.
Ein Beispiel dafür ist das fast nebenwirkungsfreie Strophantin, ein Herzmittel aus einer tropischen Schlingpflanze. Die Pharmaindustrie schaffte es, durch einen inszenierten Skandal, das bewährte Mittel restlos zu diskreditieren (Heidelberger Tribunal) und seine Befürworter lächerlich zu machen. Noch vor fünfundzwanzig Jahren sehr beliebt, konnte man es vor zehn Jahren nur noch aus einzelnen Apotheken ergattern. Dann verschwand Strophantin völlig. Doch nun erlebt es ein Comeback, da Studien zeigen, dass dieser pflanzliche Wirkstoff verträglicher ist als viele Pharmaprodukte. Es wirkt sogar zuverlässig bei akutem Herzinfarkt oder Angina Pectoris. Ähnliches gilt für naturheilkundliche Weißdornpräparate (Crataegus).
Dass die Pharmaindustrie übrigens sehr wohl auch aus der ach-so-lächerlichen, alten Naturheilkunde kommt, beweist das Herzmittel mit dem Wirkstoff „Digitalis“. Der englische Landarzt und Botaniker William Withering erhielt eine Anleitung durch eine alte Kräuterfrau und Heilerin (damals noch als „Hexe“ bezeichnet), wie man dieses hochwirksame Gift aus dem roten Fingerhut bei Herzschwäche einsetzen kann. Digitalis war von 1775 bis vor zwei Jahrzehnten eine äußerst wirksame und sanfte Herztherapie für schwerkranke Herzpatienten und hat viele Leben gerettet. Es wurde jedoch durch teure, chemische Mittel verdrängt. Diese änderten aber nichts daran, dass Herzprobleme immer noch auf Platz eins der Todesursachen stehen.
Was ist „Integrative Medizin“?
Zunächst möchten wir kurz und knapp die Unterschiede zwischen alternativer, komplementärer und integrativer Medizin klären, da diese Begriffe oft verwechselt werden:
- Die alternative Medizin bezieht sich auf unkonventionelle Praktiken, die anstelle von der Schulmedizin angewandt werden.
- Die Komplementärmedizin bezieht sich auf unkonventionelle Praktiken, die begleitend mit der Schulmedizin angewandt werden.
- Die integrative Medizin ist die Gesundheitsversorgung, die alle geeigneten therapeutischen Ansätze gleichberechtigt berücksichtigt, egal, ob diese aus der Schul- oder der Alternativmedizin kommen. Bei dieser Medizin stehen die Gesundheit, der therapeutische Zusammenhang und die Person als Ganzes im Vordergrund.
Integrative Medizin ist also eine relativ neue Therapiemethode. Sie ist mit einer Kombination verschiedener „Therapie-Konzepten“ ganz auf den individuellen Menschen ausgerichtet.
Ein Standbein ist die Komplementär-medizin. Je nach Fall werden alte Medizinsysteme genutzt. Dazu zählen beispielsweise:
- Traditionelle Chinesische Medizin (TCM),
- alte indische Ayurveda-Medizin,
- Traditionelle Tibetische Medizin,
- Traditionelle Afrikanische Medizin (TAM),
- Traditionelle Medizin der Ureinwohner Amerikas .
Und natürlich nicht zuletzt die Naturheilkunde unserer Breitengrade, das alte Kräuterwissen und ebenso auch die Kneippschen Behandlungs-methoden.
Es kommen auch Möglichkeiten, wie die Homöopathie und Bachblüten zum Einsatz, die sich gerade in der Ganzheitlichkeit von Körper und Seele immer wieder bewähren. Sie sind sehr wertvoll, das Gleichgewicht des Wesens Mensch wieder herzustellen. Auch Yoga, Akupunktur, Musiktherapie, Massagen, Fußreflexzonen, Aromatherapie usw. werden dann eingesetzt, wenn es nach umfänglicher Diagnose und Gesprächen zu der individuellen Therapie geeignet erscheint.
Das Zweite Standbein ist die Schulmedizin, und hier sind insbesondere die Diagnosemethoden und -techniken sehr hilfreich. Hier haben wir die Synthese aus der wissenschaftsbasierten „Schulmedizin“ (die durchaus auch Vorteile hat) und der erfahrungsbasierten Naturheilkunde. Letzteres bietet viel unterschiedlichere Techniken und Behandlungsmethoden, Substanzen und Jahrtausende an Erfahrung. Zudem arbeitet sie wesentlich individueller.
Sogar bei Krebs können Naturheilkunde, die traditionellen Therapien und sogar auch Homöopathie und Bachblüten eine große Hilfe sein, weil sie die Selbstheilungskräfte von Körper und Psyche stärken und die medizinische Behandlung unterstützen.
Die integrative Medizin sieht in erster Linie die Bedürfnisse des Patienten – dieses individuellen Menschen, dessen „im Heil sein“ nicht mehr gegeben ist und der Hilfe braucht, weil er nicht mehr wirklich „gesund“ ist.
Vollkommen unterschiedliche Ansätze der Definition „gesund“
Das Wort „gesund“ kommt aus dem Proto-Germanischen sunda, im Althochdeutschen gisunt (im Englischen um 1200 herum sounde, auch heute bedeutet sound „gefestigt, stabil, kräftig“). Die germanische Wurzel swen to bedeutet ebenfalls „stark, stabil, gesund“. Bis heute verbinden wir mit „gesund“ nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern auch Stärke, Selbstbewusstsein und Widerstandskraft. Ausdrücke wie „eine gesunde Einstellung“, „eine gesunde Firma“ oder „eine gesunde Portion Humor“ verdeutlichen diesen umfassenden Begriff.
Dementsprechend betrachtet die integrative Medizin die „Gesundheit“ ganzheitlich. Gesund ist ein Mensch nach dieser Sichtweise, wenn er körperlich, seelisch-geistig-emotional im Gleichgewicht ist. Wenn diese Balance gestört ist, entsteht Krankheit. Dabei können psychische Probleme die physische Gesundheit schwer beeinträchtigen und umgekehrt. Gerade deshalb braucht der aus der Balance geratene Mensch Hilfe als „Gesamtwesen“. Dazu kann aus allen Therapiemöglichkeiten genau das zusammengestellt werden, was für diesen individuellen Menschen der richtige Weg zur Heilung ist.
Die Schulmedizin definiert die Gesundheit wesentlich enger, nämlich mehr oder weniger als Abwesenheit von Krankheit. Das liegt allerdings auch daran, dass die meisten Menschen sich erst um ihre Gesundheit kümmern, wenn sie schon unter einem stärkeren, andauernden gesundheitlichen Missstand leiden oder sich eine ernsthafte Infektion eingefangen haben.
Daher kann die Schulmedizin sich nur auf „Reparaturarbeiten“ fokussieren, die sich auf die Symptome der Gesundheitsstörung beziehen. Die Aufmerksamkeit darauf zu richten, dass eine Krankheit gar nicht erst entsteht – vollkommen unmöglich: Der Nächste bitte!
Da liegt aber auch und gerade das Feld der Naturheilkunde: Dem individuellen Menschen wieder echte Gesundheit zu ermöglichen, wie es der alte Begriff eigentlich meint.
Das Gesundheitssystem selbst ist krank
Die meisten Menschen gehen zum Arzt in der Erwartung, dass er die Krankheit „wegmacht“, also ein möglichst sofortiges „Abschalten“ der Symptome. Insofern sind auch die Patienten ein Grund dafür, dass Ärzte gleich Antibiotika, Schmerzmittel, Abführ- oder Stopfmittel usw. verschreiben, anstatt der Sache auf den Grund zu gehen. Sie haben keine Zeit, die Lebensumstände, Ernährung und Probleme zu erfragen und mit dem Patienten eine Therapie zu suchen, die genau zu seinen Beschwerden passt. Das wollen die meisten Patienten auch gar nicht. Sie stehen selbst unter Druck. Beruflich, finanziell und im persönlichen Bereich. Mehr, als maximal ein paar Tage krankgeschrieben zu sein, geht einfach nicht.
Die meisten Ärzte müssen zugleich ein strenges Zeit- und Finanzmanagement einhalten wie ein Unternehmer auch. Die Krankenkassen bezahlen den immensen Zeitaufwand für das Finden einer optimalen Therapie nicht. Überdies sind die meisten Arztpraxen so überlaufen, dass der Arzt keine Zeit mehr hat, sich mit Kräuterwissen, Ayurveda, pflanzlichen Alternativen zu chemischen Präparaten und Yoga auseinanderzusetzen.
Selbstverantwortung und ein breites Angebot an Therapien – die Medizin von morgen?
Noch wird diese integrative Medizin nur von denjenigen in Anspruch genommen werden können, die sich damit bereits auseinandergesetzt haben und daher bereit sind, Zeit, Geld und interessierte Offenheit und Geduld zu investieren. Es gibt mittlerweile einige Privatkliniken, die diesen Weg anbieten.
Im Sinne eines „Sowohl als auch“ können Patienten von der dualen Behandlung und den sich daraus ergebenden Behandlungs-Synergien sehr großen Gewinn für Körper, Geist und Seele ziehen und wieder in die Balance kommen. Die Selbstheilungs- und inneren Ordnungskräfte werden aktiviert. Viele geheilte Patienten, aber auch die, die nach langem Leiden wieder Linderung und Verbesserung durch diese neue Medizin erfahren haben, verändern dann aber auch ihren Lebensstil. Sie kümmern sich besser um sich selbst und meiden die schlechten Gewohnheiten, die sie dahin gebracht haben, wo sie als „Patienten“ standen. Allein das kann im Anschluss schon bewirken, dass sich ihr Zustand weiter und dauerhaft verbessert.
Wenn Du denkst, dass Dir diese neue Medizin weiterhelfen könnte, hier, unter „Gesunde Vielfalt“ findest Du die Kliniken, die in Deutschland integrative Medizin anbieten. Es werden auch Kliniken und ihr Angebot vorgestellt.