Ein Leben ohne Haustiere ist zwar möglich, aber nicht so gesund

Ein Leben mit einem Haustier ist so gesund, dass es eigentlich jedermann per Rezept vom Arzt verordnet bekommen müsste. Die Studien und Erkenntnisse dazu sind eindeutig: Wer mit einem oder mehreren Haustieren in enger Verbindung steht, lebt länger gesund. Woran das liegt, ist bekannt und erklärt dieser Bericht.

Autor: Andreas Müller-Alwart

Heilende Haustiere

Es ist einfach schön, dass da jemand ist

„Wenn ich früher von der Arbeit in meine Wohnung kam, dann war da diese Leere und Stille“, erklärt Johanna (56). „Das war auf Dauer für mich kein Zustand mehr. Heute arbeite ich Teilzeit und mittags kommt mir mein Hund schon schwanzwedelnd und fröhlich entgegen.“ Allein die Tatsache, dass “Lumpi“ – der quirlige Terrier – in ihr Leben gekommen ist, hat Johanna aus einer beginnenden Krise mit Depression und Einsamkeit herausgeholt. Gerade bei Frauen, aber nicht nur bei diesen, wecken Haustiere das Fürsorgesystem auf nahezu die gleiche Weise, wie bei Eltern für ihre Kinder. Die Interaktion mit dem Heimtier führt zu einem positiven Gefühl. Säugetiere als Haustiere haben die gleichen Hirnareale und Mechanismen für soziale Beziehungen, was auch gut daran zu erkennen ist, dass sie die Mimik und Verhaltensweise ihrer Besitzer oft bestens erkennen und darauf reagieren können. Für uns Menschen ist es extrem wichtig, immer in einer (positiven) Verbindung zu anderen zu sein. Hier kann ein Haustier teilweise den menschlichen Kontakt ersetzen und wesentlich zu einer höheren Lebensqualität beitragen.

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Körperkontakt ist wie eine Gesundheitsvorsorge

Was für uns Menschen untereinander gilt, gilt auch für den Umgang mit Haustieren: Das „Umarmen“ bzw. der Körperkontakt haben eine nachweislich positive Auswirkung auf unsere Gesundheit – nicht nur auf die unmittelbare physische Verfassung, sondern auch physisch. Bereits beim Streicheln eines Tieres wird das „Kuschelhormon“ Oxytocin ausgeschüttet. Es dauert nur wenige Minuten und der Hormonspiegel steigt an. Oxytocin puffert Stressreaktionen ab und (dauerhafter) Stress ist eine der Hauptursachen für (chronische) Entzündungen, die wiederum Einfallstore für alle möglichen Erkrankungen bis hin zum Krebs sind. Das Stresshormon Cortisol wird heruntergefahren. Somit lösen sich Anspannungen und vor allem Ängste auf oder sie werden zumindest gelindert. Interessanterweise hält der erhöhte Oxytocin-Spiegel bei den Haustierbesitzern auch noch einige Zeit nach dem eigentlichen Streicheln längerfristig an.

Wer einen Hund als Haustier hat, stärkt Kreislauf und Herz

„Eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen deutet darauf hin, dass der Besitz eines Hundes mit einer Reihe von gesundheitlichen Vorteilen verbunden ist, unter anderem mit einer besseren kardiovaskulären Gesundheit.“ „Zahlreiche Studien aus Skandinavien, England und den Vereinigten Staaten deuten darauf hin, dass Hundebesitzer eine bessere Gesundheit haben als Menschen, die keinen Hund besitzen.“, sagt Dr. Dhruv Satish Kazi, Kardiologe und stellvertretender Direktor des Smith Center of Outcomes Research am Beth Israel Deaconess Medical Center und Mitglied der medizinischen Fakultät der Harvard Medical School. (2)

Wer einen Hund hat, geht oft täglich spazieren – eine Angewohnheit, die hilft, Herzkrankheiten vorzubeugen. Aber das ist vielleicht nicht der einzige Grund, warum Hundebesitzer gesündere Herzen haben, wie eine neue Studie zeigt. „Die fast 1 800 Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie im Jahr 2013 keine Vorgeschichte von Herzkrankheiten. Die Forscher bewerteten sie anhand der „Life’s Simple 7“-Faktoren der American Heart Association: Body-Mass-Index, Ernährung, körperliche Aktivität, Raucherstatus, Blutdruck, Blutzucker und Gesamtcholesterin. Dann verglichen sie die Werte von Personen, die ein Haustier besaßen, mit denen von Personen, die kein Haustier besaßen, sowie die Werte von Hundebesitzern mit denen von Besitzern eines Haustiers oder ohne Haustier. Diejenigen, die ein Haustier besaßen, berichteten mit größerer Wahrscheinlichkeit über mehr körperliche Aktivität, bessere Essgewohnheiten und gesunde Blutzuckerwerte. Den größten Nutzen hatten jedoch diejenigen, die einen Hund besaßen.“ (3)

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Positive Auswirkungen auf Blutdruck und Cholesterinwerte

Auch das Halten von Zierfischen, Echsen und allen möglichen anderen „Haustieren“ kann eine beruhigende Wirkung auf Menschen haben. Allerdings sind auch hier wieder die Hundebesitzer klar im Vorteil. Ein Hund möchte mehrmals am Tag vor die Tür und vielen Vierbeinern ist dabei das Wetter ziemlich einerlei. Also führt schon das Gassigehen – auch bei einem Wetter, bei dem man keinen Hund vor die Straße lockt – zu einer regelmäßigen Bewegung. Wer einen spiel- und laufreudigen Kameraden hat, braucht kein Pedometer mehr: Acht- bis zehntausend Schritte am Tag dürfte er locker schaffen. In der Folge sind erwiesenermaßen die Blutdruck- und Cholesterinwerte bei diesen Tierliebhabern deutlich niedriger. Zwar gibt es auch regen- oder schneescheue Hundenasen, aber Gassi gegangen wird bei jedem Wetter. Das stärkt natürlich das Immunsystem: Die frische Luft und die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Witterung härten ab.

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Haustiere fördern die Kommunikation und den Kontakt

Viele Menschen sprechen mit ihrem Haustier so, als würde es jedes Wort verstehen. In der Tat verstehen die Tiere oft die Stimmung und Tonlage des Gesagten. Für die Tierbesitzer ist dies eine wichtige Verbindung: Es hört ihnen (scheinbar) jemand zu. Man kann sich so Gedanken aus dem Kopf und Gefühle von der Seele reden, bevor sie endlos im Kopf kreisen. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt, da Menschen sich oft mit ihren Sorgen und Gedanken identifizieren. Das Aussprechen dieser Gefühle und Gedanken wirkt befreiend und kann in eine positivere, sorgenfreie Sichtweise zurückführen. Deswegen ist eine Beziehung zu einem Haustier oft von einer Innigkeit und Emotionalität, als ob es sich um einen menschlichen Partner handeln würde.

„Ich würde mich von allem trennen, aber niemals von meinem Hund“, ist ein Satz, den viele Hundefreunde ebenso teilen wie Katzenbesitzer oder andere Tierliebhaber. In einer Umfrage, die an der Universität Bonn durchgeführt wurde, meinten 35 der Befragten, sie stünden dem Hund sogar näher als dem Menschen. Dies kann an der bedingungslosen Liebe des Tieres liegen und an der Tatsache, dass sie oft wenig nachtragend sind. Einst waren es übrigens vor allem ständig zwitschernde Kanarienvögel, die übrigens immer Hansi hießen, die älteren Leuten die Einsamkeit vergessen ließen. Von in Käfig eingesperrten Vögeln haben sich glücklicherweise viele Tierliebhaber verabschiedet: Für die Vögel war diese Tierliebhaberei selten eine Freude.

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Mit dem Hund vor Gericht und bei Therapien

In Baden-Württemberg werden Hunde – vor allem Golden Retriever – eingesetzt, um schutzbedürftige Opfer von Straftaten bei ihrer belastenden Zeugenaussage vor Gericht zu unterstützen. „Gerade für Kinder und Jugendliche oder Menschen mit einer Behinderung, die zum Beispiel missbraucht worden sind, kann eine solche Situation sehr belastend sein.“ (1) Der Hunde werden zum einen deswegen eingesetzt, weil die Zeugen weniger gestresst sind, zum anderen, weil dadurch die Zeugenaussagen nachweislich verlässlicher werden, weiß Sabine Kubinski des Verein Prävent-Sozial, der sich mit Prävention und Opferschutz beschäftigt. Diese beruhigende Wirkung, die von Tieren ausgeht, machen sich auch viele Therapeuten und Pädagogen zunutze: Sie setzen die Tiere in Situationen ein, in denen die Angst reduziert werden soll. Nicht zuletzt gibt es sogar Zahnarztpraxen, die einen Praxishund einsetzen. Wenn der den Patienten, um Streicheleinheiten bettelnd begrüßt, sinkt der Stresslevel gleich deutlich.

Wie geht es dem Haustier bei so viel Streicheleinheiten?

Na, wie soll es dem Tier schon gehen. Es wirft sich auf den Rücken und genießt die Streicheleinheiten – besonders auf dem Bauch, der oft weniger behaart ist, kommen die Liebkosungen immer gerne an. Auch bei den Tieren wird Oxytocin ausgeschüttet. Die Tiere werden entspannter, sind weniger gestresst. Das weiß jeder Tierfreund aus eigenen Erfahrungen und so ist das lange Kuscheln mit dem tierischen Mitbewohner tägliche Routine, die eigentlich niemand missen möchte.

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Der Hund als Streitschlichter

Wie sich auf längere Sicht die Gesundheit von Menschen und Tieren beim Zusammenleben auswirkt, untersucht gerade eine aktuelle, lang angelegte Studie der Universität Greifswald. Es ist sehr interessant, welche Wechselwirkungen es bezogen auf Viren, Parasiten und Bakterien gibt. Darauf näher einzugehen, würde hier zu weit führen. Unter den Quellenangaben finden Wissbegierige mehr dazu (5)(4).

Stattdessen eine persönliche Anekdote zum Schluss. Der liebenswerte Golden Retriever „Sammy“, der meine langjährige Partnerschaft mit seiner Anwesenheit begleitete, hatte fast die Eigenschaften eines Streitschlichters. Zwar stritten meine Lebensgefährtin und ich nur selten, aber wenn, dann stand Sammy vor uns beiden und blickte dem Wortgefecht ratlos hinterher. Sein Kopf folgte – wie bei einem Tennisspiel – ratlos unseren Wortgefechten hin und her. Nach einer kurzen Weile machte er eine Art verzweifelnd-seufzendes Geräusch oder rülpste mitten in den Disput hinein, als wollte er sagen: „Hey, Leute, kommt mal wieder runter. Außerdem will ich jetzt raus vor die Türe!“. Das unterbrach regelmäßig den Streit und wir mussten lachen. Lachen und Streiten sind nicht gleichzeitig möglich – der Disput war beendet. Und Lachen ist bei weitem gesünder…

Quellenverzeichnis:

  1. „Beistand auf vier Pfoten“, Annika Sindlinger, Badische Zeitung, 27. April 2022
  2. https://www.health.harvard.edu/staying-healthy/puppy-love-may-help-your-heart, (aufgerufen 03.07.2022)
  3. https://www.health.harvard.edu/heart-health/why-dog-owners-seem-to-have-healthy-hearts (aufgerufen 03.07.2022)
  4. https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2022/07/04/welchen-einfluss-haben-tiere-auf-die-gesundheit-der-menschen/ (aufgerufen 03.07.2022)
  5. https://www.medizin.uni-greifswald.de/fileadmin/user_extern_upload/Presse/2022/PI-32-2022-Universit%C3%A4tsmedizin-Greifswald.pdf (aufgerufen 03.07.2022)

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