Der Zaubersaft: Verjus als milde Essigalternative

Braucht es wirklich eine Essigalternative? Essig gilt als gesund und viele raten dazu, täglich etwas Essig zu sich zu nehmen. Auf der anderen Seite befeuert Essig die ohnehin vorhandene Übersäuerung, ist oft sehr „scharf“ und so bietet sich Verjus als sinnvolle und leckere Essigalternative an. Was ist Verjus und wo kommt er her? Und wer kennt eigentlich noch Sauerhonig?

Autor: Andreas Müller-Alwart

Verjus, eine in Vergessenheit geratene Essigalternative, welche dringend wieder in das Bewusstsein der Bvölkerung rücken sollte.

Apfelessig wird nachgesagt, er fördere die Verdauung und die Gewichtsabnahme. Er soll außerdem die Wundheilung stärken durch die vielen enthaltenen Polyphenole, die freie Radikale ausbremsen und somit mögliche Entzündungsherde lindern. Der wohl gesündeste Bestandteil von Apfelessig ist die „Essigmutter“, ein trübes Gebilde in der Flüssigkeit, das mit nützlichen Bakterien, wie z. B. Probiotika, vollgepackt ist. Dennoch ist der Essig sehr scharf und sollte, weil er u. a. den Zahnschmelz angreift, nicht pur getrunken werden. Beim Balsamico-Essig kommt z. B. noch ein ausgeprägter Anteil von Glucose und Fructose hinzu. Zwar reguliert der Essig den Blutzuckerspiegel, aber gleichzeitig stellt die Säure eine Belastung dar. Preiswertes Balsamico-Essig enthält zudem auch noch Rückstände von Azetonsäure. (1)

Was könnte eine Essigalternative sein?

Es gibt einen säuerlichen Saft, der ebenfalls wie Balsamico-Essig in der Regel aus Trauben hergestellt wird, und der nicht so „scharf“ säuerlich ist: Der Verjus, der in Deutschland Grünsaft genannt wird. (Französisch: vert = grün; jus = Saft). Ausgesprochen wird er etwa so: „Wärschü“. Wir werden gleich sehen: Es ist sehr erstaunlich, dass dieses regionale Produkt fast komplett in Vergessenheit geraten ist. Vor der Einführung der Zitronen nach Deutschland wurde die Säuerung von Speisen häufig damit erreicht. Der Grünsaft geriet in Vergessenheit, dabei war er schon zu Zeiten der Antike bekannt – auch für seine heilende Wirkung bei Magen- und Verdauungsbeschwerden. Einst war der saure Saft hierzulande auch bekannt als Agrast oder Agrest: Hat man Kochbücher, die mehr als 20 Jahre alt sind, so findet man diesen Begriff dort noch öfter vor. Elmar M. Lorey, ein Fernsehjournalist, hat sogar ein ganzes, über 500 Seiten starkes, Buch mit dem Titel „Lob der sauren Trauben“ (Norderstedt, 2017) verfasst. Ein Hinweis auf die lange Tradition dieses Saftes.

Foto: @Grigory_bruev via envato.elements

Die Herstellung

Verjus wird aus grünen, unreifen – also unvergorenen – Trauben gepresst. Dadurch ist er alkoholfrei und enthält kaum Histamine. Der Saft kommt mit einer milden, sanften Säure daher, die viel eleganter ist als die eines Essigs. Riecht man am Verjus, so erwartet man einen Geruch wie Wein oder Traubensaft, der sich aber nicht einstellt, weil die Süße in den unreifen Trauben nicht vorhanden ist: Stattdessen nimmt man einen fruchtigen und eher dezenten Geruch wahr. Deswegen eignet sich dieser Saft auch sehr gut zum Säuern von Speisen, also als Essigalternative. Verjus säuert praktisch geschmacksneutral oder – was noch häufiger der Fall ist – verstärkt den Eigengeschmack der vorhandenen Lebensmittel. Wer seine Vinaigrette statt mit Zitronen oder Essig mit dem milden Verjus ansetzt, schmeckt sofort die Vorteile, die dieser Grünsaft dem Salat schenkt. Bei Marinaden werden die Vorteile noch deutlicher: Bei Fisch oder Fleisch oder Zugabe in einer Sauce entfaltet Verjus seine ganze Eleganz. Eine „Forelle blau“ behält mehr Eigengeschmack.

Purer Saftgenuss?

Nun deutet ja der Name Grünsaft darauf hin, man könne ihn auch gut und gerne pur verzehren. Doch da gilt die klare Ansage: Der Grünsaft ist kein Traubensaft – er schmeckt pur nicht wirklich lecker. Schmeckt er wider Erwarten dennoch gut, so sind wohl die Trauben zu spät – in reifem Zustand – geerntet worden und enthielten bereits zu viel Süße. Verjus ist also dann gut, wenn er nicht pur schmeckt – so könnte man es auf den Punkt bringen. Ein Schuss Verjus als Beigabe in ein Getränk kann – vor allem im Sommer – einen sehr erfrischenden Effekt haben! Einfach mal ausprobieren. Auch in Gesellschaft von Cocktails, z. B. Gin Tonic, macht sich Verjus gut: Er ersetzt dann eben die Zitrone oder Limette.

Verjus gilt als Essigalternative, wenn du ihn aber pur genießen willst, sei gewarnt: Verjus schmeckt nicht gut. Sollte er doch schmecken, liegt das Problem wohl bei einer zu späten Ernte der Trauben.
Foto: @ipolly80 via envato.elements

Verjus als Essigalternative und gesundheitlicher Geheimtipp

„Heute weiß man nach zahlreichen Studien noch mehr über die Wirkung von unreifen Trauben. Verjus (im Mittelalter auch Agrest genannt) enthält neben der gesunden Apfel- und Weinsäure auch Kalium, Magnesium und Kalzium und weist einen hohen (bis zu 1400 mg/l) Gehalt an Polyphenolen auf. Diese wirken wie andere Antioxidantien u.a. entzündungshemmend und krebsvorbeugend, was den grünen sauren Saft zu einem gesundheitlichen Geheimtipp macht!“ (2) Wichtig ist, dass die Trauben Bioqualität haben und wirklich unreif geerntet werden: In der Regel, also je nach Region, ist dies im Juli sinnvoll. Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, ist das Heikelste am Produktionsprozess. Wird zu spät geerntet, hat man Traubensaft im Glas.

Manch einer wird nun denken: Es ist ja schade, die Trauben unreif zu ernten, denn die fehlen ja nachher bei der Saft-, Most- und Weinproduktion. Ernährungsökologisch verhält es sich aber anders. Eigentlich hat es Tradition im Weinbau, einen Teil der Trauben früh herauszuschneiden, um den anderen Trauben mehr Licht und Entfaltungsfreiraum zu ermöglichen. Die Produktion von Grünsaft ist also sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll – abgesehen davon, dass weniger Zitronen importiert werden müssen und dass hier ein regionales, biologisch erzeugtes Lebensmittel hergestellt wird. Die grüne, unreife Ernte hat allerdings den Preis bei sich, nur wenig Saft aus den harten und noch kleinen Trauben herauspressen zu können. Dies ist eine Erklärung dafür, warum Verjus nicht billig sein kann. Übrigens: Es gibt auch Verjus-Varianten, die nicht aus Trauben, sondern aus Äpfeln hergestellt werden!

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So einfach stellst Du die Essigalternative Verjus selber her

Die Herstellung ist relativ einfach. Das Schwierige ist wirklich, einen guten Erntezeitpunkt zu finden. Die Trauben sollen ja eine gewisse Größe haben, damit man sie auspressen kann, aber gleichzeitig dürfen sie noch nicht reif sein. Die Beeren werden dann nur gepresst und gefiltert – anschließend die Flüssigkeit kurz aufkochen lassen und überschüssigen Schaum dabei entfernen. Natürlich gibt es inzwischen auch zahlreiche Bezugsquellen für Verjus, Oxymel (Sauerhonig mit Verjus). Hier gilt grundsätzlich: Man sollte die Produktionsstätte kennen und am besten sind hierfür Einkäufe beim regionalen Anbieter, denn da kann man ggfs. auch die Qualität vorab prüfen.

So machst Du eine Verjus-Vinaigrette

Zutaten: Walnussöl im gleichen Verhältnis wie Verjus. Dazu ein paar Kräuter wie Liebstöckel, Bohnenkraut, Basilikum. Frisch gemörserte Pfefferkörner, Salz. Zubereitung: Die Zutaten verquirlen und mit den Salatblättern (z. B. Feldsalat) anrichten. Diese Vinaigrette passt auch wunderbar zu Löwenzahn oder einer Mischung von Salatblättern mit Spinat, Feldsalat, Löwenzahn und mehr …

Foto: @Nikolaydonetsk via envato.elements

Sauerhonig (Oxymel)

Zum Abschluss noch ein besonderer Gesundheitstipp, den Kräuterpädagogin Svetlana Hartig (2) empfiehlt: Oxymel (Sauerhonig) ist ein bekanntes Hausmittel. Auch da lässt sich der Essig gut durch Verjus ersetzen. Pro 1 Glas Wasser 2 EL Verjus und 1/2 EL Honig. Das ist erfrischend und morgens getrunken, kurbelt es die Verdauung an und stärkt das Immunsystem. Mehr noch: Es könnte eine Alternative für diejenigen sein, die jeden Morgen zwei Gläser lauwarmes Zitronenwasser zur Anregung des Stoffwechsels trinken.

Quellenverzeichnis:

  1. Vor- und Nachteile von Balsamico-Essig; https://praxistipps.focus.de/balsamico-essig-gesund-oder-nicht_120413, (aufgerufen am 08.05.2022)
  2. Weitere Informationen zu Verjus
    https://svetlanahartig.com/verjus-vergessene-naturmedizin-neu-entdeckt/ (aufgerufen am 08.05.2022)

Videotipps:

  1. Herstellung von Verjus https://www.youtube.com/watch?v=aeVZb1z6RXg
    (aufgerufen am 08.05.2022)
  2. Herstellung von Verjus https://www.youtube.com/watch?v=27oXCuach-c
    (aufgerufen am 08.05.2022)

Buchtipp:

  1. „Verjus, eine Renaissance: Rezepte, Geschichte, Leidenschaft“, Apothéloz, Simon




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