Wenn Du Dich für den Sport Rugby interessierst, dann weißt Du sehr wahrscheinlich, was ein Haka ist. Denn damit ist die neuseeländische Rugby-Mannschaft „All Blacks“ weltberühmt geworden. Sie führt vor jedem Spiel einen sogenannten „Haka“ auf, ein beeindruckendes Spektakel.
Maori All Blacks – Haka 2015
Interessant zu sehen, wie die Gegenmannschaft auf diese Darbietung reagiert. Eine Mischung aus Unverständnis, Faszination und Befremden gegenüber dieser urtümlichen Wildheit. Denn wenn es eine Aufführung gibt, die das, was heute so gern als „toxische Männlichkeit“ verurteilt wird, so richtig pur und komplett unmissverständlich in seiner Urkraft zum Ausdruck bringt, dann ist es der Kriegs-Haka.
Die Maori-Tänze
„Haka“ heißt in der indigenen Maori-Sprache eigentlich nur „Tanz“ und eigentlich der Überbegriff für alle Maori-Tänze. Tanzen war und ist ein wichtiger Bestandteil des Lebens der Maori, denn es macht es ihnen möglich, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. Da der „Haka“ außerhalb Neuseeland/Polynesiens aber fast nur in der Form des Kriegstanzes der Männer bekannt ist, wissen die wenigsten, dass es auch weiche, lyrische Hakas gibt, die meistens von Frauen aufgeführt werden und weiche, schwingende Bewegungen aufweist. Tänze spielen auch heute noch eine große Rolle im Stammesalltag der Maori. Besonders bei Begrüßungs- und Willkommenszeremonien, überdies hängt das Ansehen eines Stammes von der Qualität der Aufführung des Hakas ab.
Allerdings gibt es auch Hakas, in denen die Frauen ihre Aggressivität und Kraft feiern:
Textauszüge:
Wer sind diese Frauen? Sie sind das Grollen des schwarzen Farns (Name der Mannschaft)
(…) vom Himmel hinüber in die Welt der Erleuchtung wandelnd,
Lebenskraft von oben herunter.
Lebenskraft von unten hinauf.
Wolken ballen sich zusammen.
Die Berge, die den Himmel durchstechen
lasst uns vorangehen,
zu den Meeren,
von den Enden der Insel,
zu den Nachbarinseln,
und um die ganze Welt.
Ihr steht aufrecht und stolz,
Frauen der Stärke,
die die Zukunft tragen,
die „Schwarzen Farne“ von Neuseeland.
Steht auf und lasst nicht nach.
Los geht’s!
Vorwärts!
Wir werden uns sammeln und uns vereinigen.
Zusammen stark.
Es wird getan.
Sinn des Kriegstanzes
Mit der Zeit ist der Haka immer mehr mit dem Gesang (haka taparahi), der traditionell einer Schlacht vorausging oder feindliche Stämme abschrecken sollte, assoziiert:
„Ich werde STERBEN! Ich werde LEBEN!“ ist eine der Hauptbotschaften, die die Männer bei ihrem Kriegstanz skandieren. Sinn des Kriegstanzes ist es, den Gegner einzuschüchtern und seine eigene Kraft und Entschlossenheit und Zusammenhalt zu demonstrieren. Damit Du auch ein praktisches Beispiel siehst, hier ein Original traditioneller Kriegs-Haka:
Quelle: YouTube – Original maori haka dance
Dabei bedienen sich die Tänzer weit ausholender, mit großer Kraft vorgetragener Bewegungen, reißen die Augen auf, strecken die Zunge heraus. Dieser Tanz ist voller Leidenschaft, ungebändigter Stärke und Energie, er schweißt die Männer zusammen für den kommenden Kampf und man kann sehen, wie die muskulösen Körper vor Energie vibrieren, die Atmung heftiger und schneller geht. Fast scheinen sie sich vor Kampfeswut kaum noch beherrschen zu können – und doch muss diese Demonstration mühsam gebändigter, männlicher Wildheit diszipliniert dem Ritual folgen. Das zeigt Stärke, Stolz, Kondition und Zusammenhalt der Krieger des Stammes. Es erfüllt den Einzelnen mit Stolz und Selbstbewusstsein. Viele, die diese intensive Energie und Zusammengehörigkeit während des Tanzes spürten, sagen, dass sie sich plötzlich von einem ungeheuer starken Energiefluss durchströmt fühlten, der Blockaden löste und enorme Energien freisetzt. Die Maori nennen es „die Macht der Götter herbeirufen“.
Dabei gibt es niemals Musik
Alles, was den Haka ausmacht, kommt von den Tänzern selbst: den lauten, rhythmischen Rufen, den Texten, dem Klatschen auf die Oberschenkel, Brust und Arme, dem Aufstampfen und Schreien und der expressiven Mimik. Selbst der Erzeuger dieser gewaltig emotionsgeladenen Gesten, Geräusche, Rhythmen und Bewegungen zu sein, steigert die Tänzer immer weiter in eine Art Ekstase und dem Gefühl, als Gruppe ein einziges, übermächtiges Wesen zu sein.
Der Kriegs-Haka dient dazu, die Krieger geistig, energetisch und physisch auf den Kampf auf Leben und Tod einzustimmen. Die Bereitschaft des Mannes seine Leben zu geben für das Überleben seines Stammes – und dafür für immer ruhmvoll im Gedächtnis der Seinen weiterzuleben.
Die Nacherzählung einer Liebesgeschichte
Die Gesten und Bewegungen dieser Tänze haben aber auch noch tiefere, mythologische Bedeutung. Den alten Sagen der Maori nach, gibt es auch einen Tanz, der die Nacherzählung einer Liebesgeschichte der Götter ist: Der Sonnengott „RA“ hatte zwei Gefährtinnen, Sommer und Winter. Die Sommergöttin Hine Raumati, schenkte ihm einen Sohn, Tanerore, der seitdem Hakas für seine Mutter tanzt. Die Menschen können ihn nicht direkt sehen, aber das Flimmern in der Luft verrät, dass er gerade einen Haka für seine Mutter aufführt. Das ahmen die Maori-Tänzer dann mit einem sehr schnellen, feinen Schütteln ihrer Hände nach.
The Haka of Te Rauparaha
Die meisten Hakas beginnen mit den Anweisungen eines Anführers zu der Abfolge der traditionellen Gesten. Hier der Text eines Hakas, das zu den bekanntesten gehört. Es handelt von der Flucht eines Stammeshäuptlings namens Te Rauparaha. Er war vor seinen Feinden auf der Flucht und versteckte sich. Doch als man ihn in seinem Versteck entdeckte, stand plötzlich ein befreundeter Häuptling statt der ihn jagenden Feinde vor ihm. Te Rauparaha kletterte hinaus und führte erleichtert und froh einen Sieges-Haka auf, einen Triumph des Lebens über den Tod:
Anführer: Ringa pakia! (Schlagt die Hände auf die Schenkel!)
Uma tiraha! (Drückt die Brust nach vorne!)
Turi whatia! (Beugt die Knie!)
Hope whai ake! (Und die Hüften!)
Waewae takahia kia kino! (Stampft mit den Füßen, so fest ihr könnt!)
Anführer: Ka mate, ka mate (Es ist der Tod, es ist der Tod)
Alle: Ka ora, ka ora (Es ist das Leben, es ist das Leben)
Anführer: Ka mate, ka mate (Es ist der Tod, es ist der Tod)
Alle: Ka ora, ka ora (Es ist das Leben, es ist das Leben)
Tēnei te tangata pūhuruhuru (Siehe diesen haarigen Mann – Te Rauparaha meinte den befreundeten Häuptling)
Nāna nei i tiki mai whakawhiti te rā (der die Sonne zum Scheinen brachte)
Upane, aupane (Seite an Seite, bleibt Seite an Seite)
Upane, ka aupane (Haltet die Stellung)
Whiti te rā! (Dem Sonnenlicht entgegen)
Die Maori heute
Lange wurden die Maoris von der weißen, eingewanderten Oberschicht als „Halbwilde“ und ihre Hakas als primitiv angesehen. Heute sind die Neuseeländer stolz auf diese alte Kultur und lernen zum Teil auch diese Tänze und Sprechgesänge, weil sie damit befreiende, energetische Erfahrungen gemacht haben. Sie haben wieder Zugang zu ihrer Ursprungs-Kraft aus uralter Zeit bekommen, wie sie in unseren Seelen und Genen eigentlich angelegt ist. Es ist nicht primitiv. Es ist einfach und echt, weil es unsere Grundstruktur seit 100.000 Jahren verankert ist. Wir Menschen sind aber auch nicht eindimensional nur so, wir haben unseren Intellekt, unsere Intelligenz, wir beherrschen unsere wilde Natur. Doch genau diese alte Wildheit ist das Kraftwerk, das wir bewusst nutzen können, um Energie freizusetzen, Blockaden zu beseitigen und unsere ganz eigene, enorme Stärke wieder zu spüren.