Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es viele Mädchen, die vollkommen verzweifelt waren und dachten sie müssten jetzt sterben und seien todkrank, weil sie plötzlich bluteten und nicht wussten warum. Das große Schweigen über das Thema Periode bzw. Menstruation war damals immer noch üblich. Die Mütter warteten, bis ihre Töchter völlig erschrocken auf sie zukamen, um dann quasi mit all den Ermahnungen und Hygieneratschlägen über sie herzufallen. Vielleicht sogar Mitleid zu zeigen, dass das arme Mädchen jetzt auch „diesen Kram am Hals hat“. Der Vater und die Geschwister durften nichts davon erfahren. Es war etwas Peinliches, Unappetitliches, Abschreckendes diese monatliche Periode.
➥ Autor: Niki Vogt
Eingebleute Scham: Noch heute reden Frauen nicht gern über ihre Periode
Eine Studie dazu offenbarte, dass nur eine von fünf Frauen mit ihrem Partner über ihre Menstruation redet. Auch das Wort wird selten benutzt. Es wird als „die Tage“ umschrieben, oder regional zum Beispiel „Ich hab mei Sach“, „Erdbeerzeit“ oder „Besuch von Tante Rosa“. Doch seit einigen Jahren ändert sich das. Mit einem neuen, weiblichen Selbstbewusstsein geht auch eine andere Einstellung zur Periode einher.
Die Periode war dem Mann immer etwas unheimlich, ja, sie wurde sogar mit psychischen Störungen und weiblichem Schwachsinn in Verbindung gebracht. In der allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie aus 1858 stand sogar zu lesen:
„Nicht nur für den praktischen Irrenarzt ist die Berücksichtigung des Menstrualprozesses von hoher Wichtigkeit, sondern auch für den Gerichtsarzt bezüglich der Beurteilung so mancher psychischer Zustände beim Weibe.“
Kein Wunder, dass solche abstrusen Vorstellungen den Frauen ein krankes Selbstbild vermittelt haben, was man aus heutiger Sicht nur als seelische Grausamkeit bezeichnen kann. Diese Abwertung schmerzt, weitergegeben durch Generationen unter den Frauen, noch heute in der Frauenseele und wirkt im Schweigen darüber nach.
Ein anderer Blick auf das Geheimnis tief im Inneren der Frau
Die Menstruation war dem Mann immer etwas unheimlich. Das böse Wort von der „unreinen Frau“ gibt es zum Glück schon lange nicht mehr – und es ist auch vollkommen an der Sache vorbei. Es ist genau dieser Vorgang im Körper der Frau, von dem das Weiterexistieren der Menschheit abhängt.
Einen wunderbaren, fast zärtlichen Blick auf das, was das Leben in dem Körper der Frau entstehen lässt – oder auch nicht – formulierte 1954 der Frauenarzt Eberhard Schätzing in seinem Buch „Die verstandene Frau“:
„Wir wissen nach heutigem Stand der Forschung, dass die Nichtbefruchtung des Eies den Eitod bedeutet. Jede Menstruation ist damit eine grundsätzliche Enttäuschung der Natur. Sie ist die blutige Träne, welche die Frau ihrem verlorenen Kinde nachweint.“
Das ist einer der frühen Vorläufer einer Neubewertung dieses zwar biologischen, aber auch seelischen Vorganges in der Frau. Endlich tritt die Menstruation aus dem Schatten der Verschämtheit und des leicht Unheimlichen heraus. In alter Zeit, als unsere Vorfahren noch sehr naturnah lebten und bevor die Prüderie des Christentums Allgemeingut wurde, gab es das Sprichwort: „Im Kinde offenbart die Frau ihre Macht“.
In Bayern war es sogar so, dass ein Paar, das heiraten wollte, die Zeit der sogenannten „Probier“ hatte. Nur, wenn die Frau schwanger wurde, durfte geheiratet werden, damit ein Nachkomme für den Erbhof gesichert war.
Vom Tabu-Thema zur Identitätsfindung und selbstbewusster Weiblichkeit
Vorbei die Zeit, dass junge Mädchen das kleine Päckchen mit den Tampons immer irgendwo tief in ihrer Handtasche vergraben hatten, möglichst noch in einem Schächtelchen, dem man den Inhalt nicht ansah. Selbst untereinander hatten Frauen immer eine gewisse Scheu, davon zu reden.
Es war schon ein Durchbruch, dass im Fernsehen Werbung für Menstruationsprodukte kommen durfte. Heute ist es normal, aber man sieht immer nur fröhliche junge Frauen, meistens in weißer Kleidung herumhüpfen, um zu signalisieren, dass mit dem Tampon X oder der Binde Y auch sicher nichts danebengeht. Das Periodenblut wurde – wenn überhaupt – immer als blaues Wasser und ziemlich abstrakt dargestellt, sodass man als Zuschauer schon wissen musste, worum es hier geht.
Daher kam auch der entlarvende, aber hübsche Witz, wo der kleine Bub auf die Frage, was er sich denn zum Geburtstag wünsche, fröhlich schmettert: „Eine Schachtel OB-Tampons!“ Und auf die entgeisterte Frage seiner Eltern, warum den ausgerechnet das, antwortet er: „Weil man damit reiten, schwimmen und Tennis spielen kann!“
So niedlich der Witz ist, so zeigt er doch das immer noch wirkende Tabu. Doch das schwindet schon eine Weile. Es wird aus der versteckten Verschämtheit herausgeholt. So machte die Stadt Düsseldorf den Anfang, indem sie weiterführenden Schulen in der Stadt kostenlos Menstruationsprodukte zur Verfügung stellt. Das unterstützt die jungen Mädchen und Frauen nicht nur finanziell, es ist auch eine Erleichterung, nicht immer aufpassen zu müssen, dass in der Schultasche auch genügend Tampons oder Binden und Feuchttücher vorhanden sind, falls die Periode mal überraschend kommt. Dann muss die Betroffene nicht ihre Klassenkameradinnen fragen, sondern kann sich gleich das Notwendige für den Tag holen. Ein neuer Vorschlag kommt schon von den Schülerinnen: Wärmflaschen zur Linderung der Bauchschmerzen – gute Idee!
Geht es um Enttabuisierung oder das Zelebrieren des Frau-Seins?
Ein entkrampfter Umgang mit der Menstruation wird sicher guttun. Und ein anderer Blick darauf auch. Weg von dem „Stigma“, dem vollkommen unbegründeten „Igitt“. Ja, wir Frauen haben jeden Monat die Anfrage an unseren Körper und unsere Seele, ob wir denn ein neues, wunderbares, kleines Menschlein auf diese Welt einladen wollen und ihm ein schönes geschütztes, warmes, weiches Nestchen geben in uns, wo es sich entwickeln kann und von uns alles bekommt, was es braucht – denn jeder Mensch, der geboren wird, ist auf diese Weise auf die Welt gekommen.
Gibt es etwas Wichtigeres und Wunderbareres als das?
Einige Frauen wollen deshalb auch weitergehen, sie wollen dieses Frau-Sein mit all seinen Aspekten feiern. Sie sehen ihre Blutung nicht nur als einen biologischen Vorgang, sondern als Manifestation ihrer Weiblichkeit. Dabei ist klar, dass es manchen Frauen dabei nicht besonders gut geht. Es ist nun mal nicht nur ein automatisch ablaufender Prozess, der sich auf die Gebärmutter beschränkt.
Es ist ein Zyklus des ganzen Wesens „Frau“. Es ist unsere Bestimmung als Frau. Bei den Germanen gab es auch die Bezeichnung „Mondin“, denn der weibliche Zyklus richtet sich nach dem Mond und der läuft von Natur aus durch 13 Zyklen, genau wie wir Frauen. Nicht nach dem künstlichen 12-Monate Kalender. In uns Frauen wirkt die Natur, die Zyklen unserer Erde mit dem Mond und der Schöpfung des Sonnensystems.
Unser Körper war und ist von Anfang an mit all dem engstens verbunden. Wir sollten auf unsere Natur hören. Und sie nicht unterdrücken und verstecken. Es war immer so und es ist so: In uns wachsen die Kinder heran, die die Welt morgen formen. Das ist eine enorme Leistung unseres weiblichen Körpers. Da gibt es nichts zu verstecken oder sich zu schämen.
Im Gegenteil.