Toxische Verpackung: Inhalt hui – Verpackung pfui!

Was nützt das natürlichste und beste Lebensmittel, wenn es in eine toxische Verpackung gepackt wird? Leider unterschätzen viele Verbraucher die gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen von Verpackungen. Wenigstens die größten Risiken sollte man kennen: Wir nennen sie Euch.

Autor: Andreas Müller-Alwart

Buch zum Beitrag: Nachhaltig und Plastikfrei
Produkt zum Beitrag: Natürliches Olivenholz

Die werden ja schon wissen, welche Materialien sie für die Lebensmittelverpackungen zulassen. Sicherlich gelten da im deutschen, angeblich strengsten Lebensmittelgesetz der Welt auch bei Lebensmittelverpackungen besonders vorbildliche Kriterien. Zum einen trifft das tatsächlich zu und der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren deutlich nachgebessert, zum anderen jedoch hat die Lebensmittelindustrie eine hohe Verantwortung für die Lagerung und den Transport von Lebensmitteln: Das Abwägen zwischen geeignetem Schutz der Ware auf ihrem Weg zum Kunden und der gesundheitlichen Verträglichkeit von Verpackungen kann da schon eine niederschwellige Priorität bekommen. Nicht nur aus diesem Grunde sind ungeeignete Inhaltsstoffe für Lebensmittelverpackungen weiterhin im Markt gebräuchlich, obwohl einige seit vielen Jahren völlig zu Recht in der Kritik stehen.

Fast jede Verpackung enthält toxische Substanzen

„Trotz Verbots und alternativer Verbindungen können in einigen Verpackungen noch immer gesundheitsgefährdende Chemikalien stecken“, weiß Dr. Marika Kolossa-Gehring vom Umweltbundesamt in Berlin aus jahrelanger Erfahrung. (1) Im Grunde genommen können aus allen Materialien und Umverpackungen bedenkliche Stoffe in die Nahrung gelangen. Dabei spielt es kaum eine Rolle, ob es sich um Kunststoffe, beschichtete Dosen, Papierkartons, Tetra Paks oder Einmalbecher handelt. Der wichtigste Hinweis, den das Umweltbundesamt immer wieder gibt, ist das Vermeiden des Erhitzens von Fertigprodukten in Verpackungen, die dafür gar nicht vorgesehen sind. Dabei werden besonders oft und viele toxische Substanzen gelöst. Auf keinen Fall sollte man Plastikgefäße in der Mikrowelle verwenden, die nicht für eine Mikrowelle zugelassen sind, einmal abgesehen davon, dass man generell keine Mikrowellen mehr verwenden sollte.

Foto: @duskbabe via envato.elements

Was darf sein: Weichmacher, Stabilisatoren, Farbstoffe, UV-Filter …?

Auf Platz zwei der Empfehlungen ist, die verpackten Lebensmittel möglichst kühl zu lagern. Neben der Temperatur spielen aber auch der Säuregrad, der Fettanteil, der Salzgehalt und die Lagerdauer eine Rolle. Die Palette der toxischen Inhaltsstoffe ist breit gestreut: Plastikbestandteile, Weichmacher, Stabilisatoren, UV-Filter und Farbstoffe. Da diese Substanzen zu den unterschiedlichsten chemischen Stoffgruppen gehören, haben sie auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Weichmacher im Plastik (Phthalate, Bisphenol A und Ersatzstoffe) gelten als gefährlich: „Die verschiedenen Phthalate haben unterschiedliche Wirkungen auf den Organismus. Einige Vertreter dieser Stoffgruppe werden als endokrine Disruptoren bezeichnet, die durch Veränderung des Hormonsystems die Gesundheit schädigen können. Einige Phthalate können beispielsweise die männliche Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.“ (2) Obwohl die Qualität der männlichen Spermien immer weiter abnimmt, kommen dennoch Phthalate und ähnlich hormonell wirksame Substanzen immer noch recht häufig vor.

Das Besondere an hormonell wirksamen Substanzen

Bei hormonell wirksamen Substanzen ist es wichtig zu wissen: Diese Substanzen können gerade in sehr kleinen Dosierungen gesundheitsschädlich sein, während sie in höheren Dosen oftmals ignoriert werden. Die Endokrinologen erklären das damit, dass der Körper höhere Dosen als nicht valide erkennt und darauf nicht reagiert, während er niedrigere Dosen als körpereigenes, normales Signal erkennt und verarbeitet. Im Gegensatz zu toxischen Substanzen, bei denen die Menge das Gift ausmachen kann, können also hormonell wirksame Substanzen bereits weit unterhalb toxischer Werte gesundheitsschädlich sein (➥ Endokrine Disruptoren).

Foto: @Satura_ via envato.elements

Die Aufnahme der toxischen Stoffe lässt sich kaum vermeiden

Eigentlich immer vorhanden sind perfluorierte Alkylsubstanzen wie Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) und Perfluorokansäure (PFOA), die bei Papiermaterialien dazu verwendet werden, um diese fett-, schmutz- und wasserabweisend zu machen. Diese Stoffe halten sich – logischerweise – auch sehr lange. Die Phthalate und ihre Ersatzstoffe (DINCH, DEHTP) finden sich vor allem in PVC (Polyvinylchlorid) wieder, das wiederum in Besteck, Geschirr und allen möglichen Utensilien der Küche vorkommt. Es ist fast unmöglich, sich vor der Aufnahme dieser Stoffe zu schützen, da sie verdunsten und somit nicht nur durch Schlucken, sondern auch durch Einatmen aufgenommen werden. Der größte Anteil geht jedoch von der Verpackung in die (Fertig-) Nahrung über und wird so aufgenommen. Erneut ein Grund, auf Fertignahrung– weitgehend – zu verzichten.

Foto: @furmanphoto via envato.elements

Wenn die Verpackung dick macht

Als ebenfalls die Fortpflanzung gefährdend gelten weitere Phthalate wie BBzP, DEHP, DiBP oder DiNP, die allesamt laut Umweltbundesamt zu einer „Reihe chronischer Erkrankungen“ (1) beitragen können und ebenfalls endokrine Disruptoren sind, da sie das Hormonsystem beeinflussen. Ebenfalls schon lange bekannt und in der Diskussion ist ein möglicher Zusammenhang zwischen diesen Substanzen und Asthma, Metabolischem Syndrom und Adipositas. Zur oftmals gesundheitlich ungünstigen Nährstoffzusammensetzung der Fertigprodukte, die Adipositas fördern können, kommen also noch die Phthalate aus der Umverpackung als weiterer Risikofaktor hinzu. Da ist es höchste Zeit, sich auf unseren Webseiten bei Welt der Gesundheit TV – Bewusst Kochen nach leckeren Rezepten umzusehen und wieder anzufangen, selbst zu kochen.

Alternative Stoffe sind besser, aber nicht gut

Seit einiger Zeit sucht man nach Alternativen. So wurde DINCH im Jahre 2002 als Ersatz für Phthalate ins Spiel gebracht, um die Fortpflanzungsgefährdung zu vermeiden. Leider zeigte sich DINCH im Tierversuch als gesundheitsschädlich für die Nieren. Der Verbrauch an diesem Ersatzstoff DINCH sowie dem verwandten Weichmacher DEHTP ist – zu Gunsten der o. g. Phthalate – stark angestiegen. Immerhin ein kleiner Gewinn, da diese Ersatzstoffe sich als weniger toxisch zu erweisen scheinen. In Studien (Tierversuchen) zeigen sich die Substanzen leider als additiv: Menschen sind immer gleichzeitig mehreren Stoffen ausgesetzt, was natürlich besonders ungünstig ist.

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Ein Hauch von BPA ist schon gesundheitsgefährlich

Das Bisphenol A (BPA) wird vor allem zur Beschichtung von Getränke- und Konservendosen verwendet und ist dementsprechend weit verbreitet. Je mehr Säure, Salz und Fett die darin aufbewahrten Produkte enthalten und je wärmer sie gelagert werden, desto höher ist der Übergang von BPA in die Nahrung. „Der Stoff ist als fortpflanzungsgefährdend und besonders besorgniserregende Substanz eingestuft“, erklärt die Expertin des Umweltbundesamtes. (1). Dies wird auch an der Einschätzung der täglich noch tolerablen Menge von BPA durch die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) deutlich: Nur 0,04 Nanogramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag sind noch tolerabel. Um die Dimension zu verstehen: Bei einem Körpergewicht von 100 kg, wären 4 Nanogramm zulässig. Ein Nanogramm ist 0,000000001 Gramm. Man könnte auch gut und gerne einfach empfehlen: Finger weg von dem Zeug! Und das auch aus nachfolgendem Grund: „In Tierstudien wurde ein Anstieg bestimmter weißer Blutkörperzellen (T-Helferzellen) beobachtet, die eine Schlüsselrolle bei den zellulären Immunmechanismen spielen.“ Nun sind wir sicherlich gerade in einer Zeit, in der es wichtig wäre, das Immunsystem zu stärken, anstatt dessen Wirkungsweise zu gefährden.

Belastung in Deutschland und Gesamteuropa überschritten

Die in Deutschland und Gesamteuropa bekannten, gemessenen Aufnahmemengen dieser Substanzen liegen über den Empfehlungen. Es besteht seit vielen Jahren Handlungsbedarf. Dr. Marika Kolossa-Gehring vom Umweltbundesamt kann deswegen allen Verbrauchern nur empfehlen, „möglichst frische, unverpackte Lebensmittel verwenden und in der eigenen Küche Gläser zur Aufbewahrung von Lebensmitteln zu verwenden. Vor allem angebrochene Lebensmittel, die in Verbindung mit Luft und Säure geraten, sollte man möglichst kühl lagern und/oder aus der Kunststoffverpackung bzw. beschichteten Dose so rasch wie möglich entfernen und in Glasgefäße umfüllen. Bei Geschirr und Besteck empfehlen sich Naturmaterialien. (➥ Siehe auch unser Video zu Olivenholz-Geschirr). Mit etwas Aufmerksamkeit und einer Vielzahl kleinerer Maßnahmen, kann man zwar die Belastungen nicht völlig vermeiden, aber deutlich reduzieren.

Human Monitoring

Wer die Belastungssituation noch genauer und auch bezogen auf andere Substanzen ansehen möchte, der sei auf die Webseiten der EU und des Umweltbundesamtes zum Thema „Human Monitoring“ verwiesen. Vor allem die Webseite der EU ist sehr umfassend und bietet einen spannenden Einblick in die verschiedenen Untersuchungsergebnisse bzw. deren Erkenntnisse. Man würde sich wünschen, dass diese erkannten Gefährdungspotenziale viel schneller auch zu Änderungen in der Gesetzgebung bzw. in der Produktion führen würden.

Quellenverzeichnis:

  1. „Toxische Inhalte“, Dr. Marika Kolossa-Gehring, UGB-Forum 2/22, S. 98 ff.
  2. https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/gehen-von-phthalaten-gesundheitliche-risiken-aus (aufgerufen am 10.07.2022)
  3. https://www.umweltbundesamt.de/service/uba-fragen/koennen-lebensmittel-durch-lebensmittelverpackungen (aufgerufen am 10.07.2022)

Weitere Informationen zu BPA / Bisphenol A:

  1. https://www.bfr.bund.de/cm/343/entwurf-einer-neuen-stellungnahme-zu-bisphenol-a-bewertung-durch-die-efsa-kann-oeffentlich-kommentiert-werden.pdf

Human Monitoring:

www.hbm4eu.eu

www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/belastung-des-menschen-ermitteln/human-biomonitoring

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Die in diesem Beitrag enthaltenen Informationen können die Beratung durch einen Arzt nicht ersetzen – sie sind keine medizinischen Anweisungen. Die Informationen dienen der Vermittlung von Wissen und können die individuelle Betreuung bei einem Sprechstundenbesuch nicht ersetzen. Die Umsetzung der hier gegebenen Empfehlungen sollte deshalb immer mit einem qualifizierten Therapeuten abgesprochen werden. Das Befolgen der Empfehlungen erfolgt auf eigene Gefahr und in eigener Verantwortung

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