Seit einigen Jahren rückt Spermidin in den Fokus der Langlebigkeitsforschung. Das Polyamin Spermidin (gesättigte, offenkettige oder zyklisch organische Verbindungen, die mehrere Aminogruppen enthalten) wird vom Körper selbst gebildet. Seine Synthese nimmt aber im Verlauf des Lebens immer weiter ab. Gerade die Häufung von molekularen Schäden in Form von fehlerhaften Zellorganellen, defekten Enzymen, Proteinakkumulierungen und Schäden an der DNA ist ein wichtiger Aspekt des Alterns. Hierdurch steigt die Wahrscheinlichkeit für chronische Erkrankungen wie neurodegenerative Erkrankungen, Diabetes Typ II und Krebs. Hier könnte Spermidin erfolgreich eingesetzt werden. Denn auch wenn es im Verlauf des Lebens abnimmt, kann es über die Nahrung wieder aufgenommen werden. Vor allem pflanzenbasierte Nahrungsmittel, wie Vollkornprodukte, Gemüse und Hülsenfrüchte, haben einen hohen Spermidingehalt. In diesem Artikel gehen wir der Sache einmal auf den Grund.
➥ Autor: Barbara M. Thielmann
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Was ist Spermidin?
Spermidin ist ein körpereigenes Polyamin dessen Synthese aber im Verlauf des Lebens immer weiter abnimmt. Als Polyamine werden meist gesättigte, offenkettige oder cyclische organische Verbindungen mit endständigen Aminogruppen zusammengefasst, unterbrochen von einer wechselnden Anzahl sekundärer Aminogruppen. Neben Spermidin, zählen zu den Polyaminen Spermin, Cadaverin und Putrescin. Bei Spermidin handelt es sich um ein Zwischenprodukt bei der Synthese von Spermin aus der Aminosäure Ornithin.
Spermidin ist ein sogenanntes Kalorienrestriktionmimetikum oder auch kurz CRM (caloric restriction mimetics) und ist als solches in der Lage, Autophagie zu induzieren.
Autophagie, CRM und Spermidin
Kalorienrestriktionsmimetika (CRM), auch bekannt als Energierestriktionsmimetika, sind eine hypothetische Klasse von Nahrungsergänzungsmitteln wie eben Spermidin, die im Prinzip eine erhebliche Anti-Aging-Wirkung der Lebensverlängerung in unserem Körper bewirken können.
Die Fähigkeit von Spermidin Autophagie zu entfachen ist ein weiterer Pluspunkt für ein Anti Aging Agens. Autophagie ist ein wichtiger Prozess innerhalb von Zellen, bei dem Zellbestandteile wie beispielsweise fehlgefaltete Proteine oder ganze Zellorganellen, darunter dysfunktionale Mitochondrien, abgebaut und recycelt werden – so gesehen eine Art Selbstreinigungsprogramm der Zellen. Polyamine werden vom Körper selbst gebildet, wobei die Synthese über die Lebensspanne aber immer weiter abnimmt, vor allem eben die von Spermidin.
In welchen Lebensmitteln ist es zu finden?
Du kannst es auf ganz natürlichem Wege durch die Nahrung zu dir nehmen. Vor allem pflanzenbasierte Nahrungsmittel, wie Vollkornprodukte, Gemüse und Hülsenfrüchte, haben einen hohen Spermidingehalt. Es gibt auch schon Studien dazu, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der Aufnahme von Spermidin über die Nahrung und einer geringen Sterberate aufgrund von vaskulären Erkrankungen, Krebserkrankungen und anderen Todesarten. Spermidin zeigte den höchsten gegenläufigen Zusammenhang zur Mortalität unter allen 146 Makro- und Mikronährstoffen, die in der Ernährung der Probanden einer Studie1 identifiziert wurden.
1 (Kiechl S, Pechlaner R, Willeit P, Notdurfter M, Paulweber B, Willeit K, et al. Higher spermidine intake is linked to lower mortality: a prospective population-based study. Am J Clin Nutr. 2018 Aug 1;108(2):371–80.)
Spermidin ist seit kurzem auch als Nahrungsergänzung in Form von spermidinreichen Weizenkeimextrakten, Weizenkeimpulvern, Buchweizenkeimlingspulvern, Sojaextrakten und Reiskeimextrakten erhältlich. Polyamine wie das Spermidin werden zudem auch von Darmbakterien synthetisiert.
Wie kann es zu einem langen Leben beitragen?
Die lebensverlängernde Wirkung scheint zu einem Teil auf dem Schutz des Herz-Kreislauf-Systems zu basieren. Es zeigt schützende Effekte auf unser Herz-Kreislauf-System, darunter verbessert es die diastolische Herzfunktion, optimiert unsere Mitochondrienfunktion, führt zur Abmilderung altersbedingter Flexibilitätseinbußen der Arterien und vermindert die Bildung von atherosklerotischen Plaques. Eine epidemiologische Studie zeigte eine negative Verknüpfung zwischen dem Gehalt an Polyaminen in der Nahrung und dem Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben.
Vielversprechender Einsatz von Spermidin
Besonders interessante Wirkungen zeigten auch die neuroprotektiven, regenerationsfördernden, sowie gedächtnisfördernden Effekte, die im Tierversuch so vielversprechend waren, dass bereits erste Studien am Menschen durchgeführt wurden – mit durchaus bemerkenswerten Erfolgen.
In einer Studie der Charité (preSmartAge-Studie) führte die Einnahme von 1,2 mg über einen Zeitraum von 3 Monaten zu einer moderaten Verbesserung der Gedächtnisleistung bei Personen mit nachlassender Erinnerungsfähigkeit. In einer weiteren Studie aus Österreich besserte sich die kognitive Leistung bei Probanden mit leichter Demenz durch den Verzehr von Körnerbrötchen mit einem besonders hohen Spermidingehalt von 3,3 mg.
Weitere wichtige Effekte in Studien:
- Spermidin mindert entzündliche Botenstoffe bei der rheumatoiden Arthritis
- in von Arthrose betroffenen Knorpelzellen führte Spermidin zur Regeneration des Knorpels
- Spermidin hilft auch bei entzündlichen und/oder degenerativen Erkrankungen der Gelenke
- Spermidin kann bei erhöhter Nahrungszufuhr eine Gewichtszunahme und damit einhergehende metabolische Veränderungen mildern und ist hierdurch möglicherweise in der Lage, die Gewichtsabnahme zu unterstützen.
- Eine epidemiologische Untersuchung zeigte eine Verbesserung nach der Aufnahme von Spermidin bei Parametern, die mit Übergewicht und Diabetes in Verbindung stehen, wie BMI, Taillenumfang, Insulinresistenz, Nüchtern-Blutzucker und Langzeitzuckerwert (HbA1c)
- Spermidin hat einen positiven Einfluss auf das Darmmikrobiom. Es fördert Butyrat-produzierende Bakterien, welche die Darmbarriere günstig beeinflussen und Entzündungen dämpfen können
- Spermidin wirkt sich daher möglicherweise günstig auf das metabolische Syndrom aus
- Spermidin verbessert das Haarwachstum , was innerhalb einer Humanstudie gezeigt werden konnte
Spermidin ist also ein sehr vielversprechender Stoff bei der Unterstützung dem Alterungsprozess ein Schnippchen zu schlagen, ja diesen sogar zu verlangsamen. Mit das Ausschlaggebendste wird wohl die positive Wirkung auf das Darmmikrobiom sein. Denn wie die alten Griechen schon wussten, sitzt der Tod im Darm.
Wie kannst du nun Spermidin in deinem Körper erhöhen?
Wie schon erwähnt, wird es zwar vom Körper selbst gebildet und entsteht als Zwischenprodukt bei der Synthese von Spermin aus der Aminosäure Ornithin, jedoch nimmt die Synthese von Spermidin mit dem Alter stetig ab. Auch die Nahrung ist wie erwähnt eine wichtige Quelle, enthält jedoch nicht die Mengen, welche für eine therapeutische Wirkung benötigt werden. Allein Weizenkeime enthalten einen wirklich hohen Gehalt. Noch besser ist jedoch als Nahrungsergänzung in Form von spermidinreichen Weizenkeimextrakten, Weizenkeimpulvern und Buchweizenkeimlingspulvern oder Reisextrakten.
Darauf solltest du achten: Qualität von spermidinreichen Nahrungsergänzungsmitteln
Produkte mit einem wirklich hohen Spermidingehalt sind nicht leicht zu finden. Hinzu kommt, dass auch nicht alle Produkte den versprochenen Spermidingehalt aufweisen, wie Laboranalysen zeigen. Um sicherzustellen, dass das erworbene Produkt auch tatsächlich die angegebenen Mengen enthält, empfehlen sich daher Anbieter, welche Laborzertifikate über den Spermidingehalt zur Verfügung stellen können. Allgemein gilt wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln zudem, dass solche spermidinreichen Nahrungsergänzungsmittel zu bevorzugen sind, welche keine bedenklichen Inhaltsstoffe enthalten.