Zufriedenheit und Dankbarkeit sind Wegbereiter von Gesundheit und Glück. Das Gegenteil führt uns in die Krankheit. Warum uns Perfektionismus und Optimierungszwänge in die Schuldfalle treiben und uns als Gesellschaft mehr schaden als nützen.
➥ Autor: Andreas Müller-Alwart
Auf unserer Wanderung von der Kindheit über die Pubertät zum Erwachsenen schleppen wir alle einen mehr oder weniger gut gefüllten Rucksack mit Glaubenssätzen mit uns herum. Viele davon haben sich in der Kindheit bewährt und wir haben sie auf der weiteren Reise bei uns behalten, ohne einmal zu überprüfen, ob wir sie heute auch noch benötigen. Einige dieser Glaubenssätze, die uns unser ganzes Leben belasten können, sind Sätze wie „Es ist noch nicht genug“ oder „Ich bin nicht gut genug“ oder „So, wie ich bin, bin ich nicht ok“ und „Ich mache viele Fehler“. Diese Glaubenssätze können auf Dauer Gestaltungsfreiräume blockieren, sie können unseren Handlungsraum verengen und sogar krank machen. Sie verhindern, dass wir zu uns selbst finden und unsere Potenziale und Talente ausschöpfen. Darüber hinaus haben diese Glaubenssätze gemeinsam, uns einzureden, wir seien mangelhaft oder nicht vollständig.
Die Selbstoptimierung
In einer Welt, in der alle von Selbstoptimierung reden und angeblich jeder jederzeit das Beste aus sich herausholen kann, macht sich verdächtig, ja sogar schuldig, wer dies nicht tut. Die Selbstoptimierung kann sinnhaft sein, führt aber in übertriebenem Maße zu einem Schuldkult. Wir sind für vieles in unserem Leben selbst verantwortlich und wir haben auf vieles einen Einfluss, aber wir sind nicht schuld an etwas. Das sind wir schon allein deswegen nicht, weil der Perfektionismus kein erstrebenswertes Ziel ist. Die Natur kennt keinen Zustand der Perfektion, auch wenn die Lebensprozesse auch in der Natur einen idealen Zustand anstreben mögen.
Der Schuldkult
Perfekt sein zu wollen, macht nicht nur unglücklich, sondern ist unerreichbar. Wer definiert denn diese Perfektion? Wie will man eine Perfektion erreichen, dessen Idealbild sich Tag für Tag weiter verschiebt? So ist das Streben nach Perfektion ein Leben in der Schuld, nämlich der Gewissheit nicht perfekt zu sein, einen Mangel zu haben. Du bist zu fett? Dann iss weniger – mach mehr Sport! Du verdienst zu wenig? Dann bilde Dich weiter! Du hast eine Allergie? Dann ernähre Dich gesünder! Du bist nicht geimpft? Dann impfe Dich endlich! Du bist zu dünn? Dann iss mehr … Wir entkommen dem Schuldkult nicht, solange wir glauben, wir wären nicht perfekt, solange wir im Mangel leben und uns zu Opfern machen lassen.
Wenn wir immer darauf schauen, was uns fehlt, um ein Ideal, um den Perfektionismus zu erreichen, dann sind wir immer unzufrieden. Das Gegenteil dessen also, was uns glücklich machen würde, denn das wäre die Dankbarkeit und Zufriedenheit für all das, was wir schon haben, was uns geschenkt wurde oder wir selbst erworben haben. Dankbarkeit und Zufriedenheit geben uns das Gefühl in der Fülle zu sein. Wir werden vom Opfer eines Kultes zum Handelnden für unser sinnhaftes Leben. Dies ist aus alten Zeiten schon bestens bekannt. Wie kann es dann sein, dass wir uns in einen völlig lebensunfreundlichen Kult verrennen?
Schwarze und weiße Pädagogik
Es beginnt definitiv schon in der Kindheit, indem wir den Eltern gefallen wollen. Wir versuchen für sie perfekt zu sein, denn wir sind ja abhängig von ihrer Geborgenheit, Liebe und Fürsorge. Diese erste Konditionierung setzt sich im Kindergarten fort und wird in der Schule geradezu professionalisiert. Der Schüler wird im Schulsystem nicht mit seinen Talenten und Begabungen gefördert, sondern eingepasst und zugerichtet. Der Ursprung des Schulsystems und der Schulpflicht aus der Zeit der Preußen war die Charakterbildung der Menschen im Hinblick auf ihren Gehorsam als Soldaten. Im Zeitalter der Industrialisierung wurde dieses Ziel angepasst, um Menschen zu bilden, die als disziplinierte Arbeiter in den Fabriken eingesetzt werden konnten. Förderung der Anlagen und Talente, der Freiheit, des kritischen Denkens oder Eigenverantwortung – das waren nie die Anliegen dieser Schwarzen Pädagogik, sondern einer Weißen Pädagogik, die bis heute weitgehend nicht umgesetzt wurde. Wer nicht diszipliniert und angepasst war, der hatte eben keinen Arbeitsplatz oder fand keinen Mann zum Heiraten. Der Schuldkult hat hier einen seiner Ursprünge.
Die totale Abhängigkeit
Der Schuldkult und der Perfektionismus sind Verbündete. Gemeinsam lenken sie uns permanent davon ab, dem zu folgen, was unsere Berufung wäre, was unser Lebensziel hier auf diesem blauen Planeten sein könnte. Sie machen uns empfänglich für Auguren, die in Technik und im Transhumanismus eine Lösung für alles Leid in unserer Welt sehen. Du hörst nicht gut? Kaufe Dir ein Hörgerät! Du siehst nicht gut? Lass Dir die Augen lasern! Für alles gibt es eine „technische“ Lösung, die Ursachen bleiben unbeachtet und ungelöst. Du bleibst in Deiner Schuld und Opferrolle. Schon mal einen Augenarzt erlebt, der seinen Patienten erklärt wie sich mit Augen-Qigong selbst die Augen heilen können? Du sollst Dir gar nicht selber helfen, Du sollst gar nicht in die Eigenverantwortung gehen. Nein: Du sollst zwar Deinen Mangel erkennen, aber dann die Experten und Berater aufsuchen. Du sollst von ihnen abhängig sein. Um es konkret auf den Punkt zu bringen. Du sollst total von ihnen abhängig sein.
Vom Perfektionismus zum Totalitarismus
Somit kommen wir zur gesellschaftlichen Tragweite dieses Schuldkultes. Das Gefühl des Mangels bringt uns in die Schuld. Der Wunsch, den Mangel zu beseitigen, bringt uns in die totale Abhängigkeit der Experten und Berater. Und eben auch in die totale Abhängigkeit zu einer staatlichen Organisation. Arbeitslos? Macht nix – der Staat gibt Dir Arbeitslosengeld – unter bestimmten Bedingungen. Krank? Macht nix – gibt ja Lohnfortzahlung, Krankengeld und Krankenversicherungen – unter bestimmten Bedingungen. Zu alt oder zu krank zum Arbeiten? Auch egal – gibt ja Erwerbsunfähigkeits- und Altersrenten. Dafür musst Du aber wählen gehen und dem System treu und ergeben sein. In Coronazeiten bedeutet das eben auch: Geh Dich bitteschön impfen lassen, weil Dich Dein natürliches Immunsystem angeblich gegebenenfalls nicht schützt. Wer sich nicht impfen lässt, trägt Schuld am Tode anderer. Der Schuldkult und sein Bruder Perfektionismus führen zum Totalitarismus. Wir sollen das System, den Staat und seine Maßnahmen – hier die Impfung – nicht nur akzeptieren, sondern lieben.
Deutschland ist keine Diktatur
Es war in den letzten Monaten viel die Rede davon, Deutschland bewege sich in Richtung einer Diktatur. Das ist so nicht richtig, denn eine Diktatur unterscheidet sich von einem totalitären Staat vor allem in einem: In der Diktatur hat der Einzelne noch den kleinen Freiraum, den Diktator zu hassen. In einem totalitären System hingegen, wird von jedem Einzelnen erwartet, das System und seine Maßnahmen bedingungslos zu lieben. Die Philosophin Dr. Claudia Simone Dorchain nennt dies zutreffend eine „erstickende Umklammerung“. Und dieser Begriff trifft es auf den Punkt. Ein solches System erstickt jede Freiheit, jede Lebendigkeit, jede Liebenswürdigkeit und macht die Menschen krank. Der Hirnforscher Gerald Hüther, der Psychotherapeut Franz Ruppert und der Psychologe Hans-Joachim Maaz warnen nachdrücklich vor den Folgen dieser Traumata und Psychosen, die dadurch ausgelöst werden.
Göttliche Wesen, die die Welt verändern
Der Perfektionismus, dieses Streben nach Selbstoptimierung, macht uns also nicht nur als Einzelne krank und führt zu nichts, es macht auch die Gesellschaft als Ganzes krank und führt uns in einen totalitären Staat. Dabei haben wir es zu jedem Zeitpunkt (noch) in der Hand, unser Leben zu verändern und somit die gesamtgesellschaftliche Entwicklung aufzuhalten. Wir dürfen uns um uns selbst kümmern, um unsere Bedürfnisse, Talente, Berufung. Indem wir diesen Weg gehen, übernehmen wir Eigenverantwortung und lösen uns von den Sirenenrufen falscher Berater und Experten. Dadurch wiederum lösen wir uns aus der totalen Abhängigkeit und entziehen einem aufblühenden totalitären System den Nährboden. Leben wir selbst die Prinzipien einer Weißen Pädagogik in unserem Freundes- und Bekanntenkreis und schaffen wir die neue Welt selbst so wie wir es uns wünschen. Wir sind von Geburt an alle göttliche Wesen und – sofern wir nicht an unserer Entfaltung permanent gehindert werden – werden wir auch als solche göttliche Wesen diese Welt zum Guten verändern. Du bist kein Opfer und Du lebst nicht im Mangel. Du bist ein Wunder der Schöpfung und schöpfst aus der Fülle. Jeden Tag kannst Du das aufs Neue entscheiden und triffst damit nicht nur eine Entscheidung für Dich, sondern für die gesamte Gesellschaft.