Im bürokratischen Langsprech heißt es „Entwurf eines Gesetzes zur Reform der technischen Assistenzberufe in der Medizin und zur Änderung weiterer Gesetze“, wird aber der Einfachheit halber MTA-Gesetzreform genannt und ist eine nach langem Ringen begonnene Reform der Ausbildung für Angestellten in der medizinischen Technik. Das MTA steht für die frühere Berufsbezeichnung „Medizinisch-Technischer Assistent“. Die neue Bezeichnung lautet Medizinische/r Technolog/in.
➥ Autor: Niki Vogt
Technische Berufe in der Medizin mit neuer Bezeichnung
Diese Berufe sind vor allem in der medizinischen Diagnostik und Therapie diejenigen, die hinter den Kulissen arbeiten und die ganze Technik beherrschen. Die Geräte, die Abläufe im Labor, um aus Blutproben oder Gewebeschnitten eine brauchbare Diagnose zu erstellen oder den technischen Teil von therapeutischen Maßnahmen zu übernehmen. Medizinisch-technische Assistenten (MTAs) haben eine umfassende Ausbildung bekommen, die in Arztpraxen und Kliniken benötigten medizintechnischen Geräte zu bedienen.
Sie führen auf Anfrage ganz eigenständig Untersuchungen, Behandlungen und Analysen durch. Sie verwerten gemessene Daten des Patienten, wie Blutbild, Röntgenbilder, Tomografien, EKGs (Elektro-Kardiogramme) und EEGs (Elektro-Enzephalogramme) und andere Messwerte, die sie dann analysieren und dokumentieren, damit der behandelnde Arzt sich ein objektives Bild vom Gesundheitszustand des Patienten machen kann. Aufgrund der Ergebnisse aus den Laboren kann der Mediziner dann eine treffsichere Diagnose samt daraus folgender Therapie stellen.
Die Berufe in der medizinischen Technologie spielen also eine sehr wichtige Rolle für die richtigen Diagnosen und Therapien. Es ist eine echte Schlüsselfunktion, die Ergebnisse sind sozusagen die Augen und Ohren der Ärzte. Ohne diese Werte können sehr wichtige Fehlfunktionen im Körper nur schwer erkannt werden und Verbesserungen oder Verschlechterungen während der Therapie kaum rechtzeitig entdeckt werden. Insofern ist es dringend nötig, dass die Menschen, die diese, sich ständig weiterentwickelnden technologischen Geräte und Verfahren dazu einsetzen sollen, auch wirklich daran effizient ausgebildet werden. Oder, etwas plakativ ausgedrückt, was nützt der super-hochentwickelte Hubschrauber mit all seinen Möglichkeiten, wenn der Pilot ihn nicht fliegen kann?
Medizinische Technologen
Diejenigen, die vor 2023 Medizinisch-Technische Assistenten hießen, werden heute medizinische Technologen genannt. Und jetzt wird dessen jeweiliges Fachgebiet auch genauer bezeichnet: Beispielsweise medizinischer Technologe, für Laboratoriumsanalytik oder Radiologie, für Funktionsdiagnostik oder für Veterinärmedizin. Damit ist das fachliche Feld genauer definiert. Und es spiegelt auch die Entwicklungen in der Medizin wider.
Das bedeutet nicht, dass die jeweiligen MTA-Angestellten jetzt alle eine andere Tätigkeit ausüben werden. Die Veränderung findet eigentlich in der Ausbildung statt. Die jeweiligen Fächer werden jetzt modernisiert und die neuesten technischen Möglichkeiten, die sich die „gestandenen MTAs“ im Lauf ihrer Berufsjahre angeeignet haben, finden jetzt Eingang in die Ausbildung. Im Bürokratendeutsch wird das auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums so beschrieben:
„Das Ausbildungsziel in den jeweiligen Fachrichtungen wurde modernisiert, weiter spezifiziert und nun kompetenzorientiert ausgestaltet. Die bisher allgemein gehaltenen Vorgaben zur Ausbildung wurden konkretisiert und neu strukturiert.“
2.000 Stunden pro Auszubildenden
Die zweite Änderung besteht darin, dass bereits in der Ausbildung auch mehr Praxis erlernt werden soll. Theorie ist wichtig, aber den Umgang mit hoch komplizierten Geräten muss man praktisch erlernen und ein Gefühl für die Technik entwickeln. In der Fahrschule lernt man zwar die Theorie und die Verkehrsregeln, aber wirklich ein Auto zu fahren, ist etwas ganz anderes.
Daher wird jetzt in der Ausbildung der Praxisanteil in den Laboren und Radiologieabteilungen vom ersten bis zum dritten Ausbildungsjahr auf insgesamt 2.000 Stunden pro Auszubildenden erweitert. Bisher waren es 1700. Auch die Betreuung bei dieser Praxiserfahrung muss nun von Mitarbeitern der Universitäten und kooperierenden Labore intensiviert werden.
Es wird in Zukunft „kompetenzorientierte Leistungsnachweise“ und Leistungseinschätzung bei diesen Praxiseinsätzen geben. Also ein neuer Ansatz und eine wesentlich engere Zusammenarbeit von Klinikum und Schule und Abstimmung der Inhalte von Theorie und Praxis.
Ausbildungsvertrag und Ausbildungsvergütung
Besonders wichtig ist für an diesem Beruf interessierte Kandidaten die Neuerung, dass die Medizinischen Technologen jetzt nicht mehr auf eigene Faust eine Ausbildung beginnen, für die sie bei privaten Ausbildungseinrichtungen oft noch Schulgeld bezahlen mussten. Heute erhalten die Berufsanwärter einen Ausbildungsvertrag und auch eine „Ausbildungsvergütung“, also eine Art angemessenes „Lehrlingsgeld“. Es ist jetzt sogar untersagt, Schulgeld zu erheben.
Für Angestellte in kommunalen Krankenhäusern ändert sich nichts. Die Träger im öffentlichen Dienst einigten sich bereits 2019 auf eine Vergütung der MTA-Auszubildenden nach Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVAöD).
Voraussetzung der Ausbildung ist ein mittlerer Schulabschluss (Realschule). Es geht aber auch mit einem Hauptschulabschluss plus einer erfolgreich abgeschlossenen Berufsausbildung mit einer Regelausbildungszeit von mindestens zwei Jahren.
Ebenfalls erforderlich ist eine gesundheitliche Eignung, die die Ausbildung zum Medizinischen Technologen möglich macht.
Große Sorgfalt bei der Arbeit
Weiterhin ist eine gute Kenntnis der deutschen Sprache Voraussetzung und das, was man früher einen „guten Leumund“ nannte. Bewerber für die Ausbildung dürfen sich „Nicht eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Absolvierung der Ausbildung ergibt.“ Der Begriff „Unzuverlässigkeit“ ist hier sicher bewusst weit gefasst. So möchte man wohl nicht die teuren Ausbildungsplätze an Kandidaten vergeben, die schon mehrere Berufsausbildungen abgebrochen haben. Wichtig ist auch große Sorgfalt bei der Arbeit, denn davon hängen die Diagnosen und Therapien der Ärzte für den Patienten ab – was bei Nachlässigkeit dramatische Folgen für die Patienten haben kann.
Denn neben dem theoretischen Unterricht in den entsprechenden Schulen wird auch in der Praxis ausgebildet. Das soll nach dem neuen Gesetz in Krankenhäusern oder Laboren oder ähnlichen Einrichtungen geschehen. Diese Einrichtungen müssen – gesetzlich vorgeschrieben – für die praktische Ausbildung geeignetes Personal bereitstellen: „Geeignete Einrichtungen für die praktische Ausbildung müssen die Praxisanleitung der auszubildenden Personen sicherstellen.“
Ziel der Auszubildenden ist, am Ende eine staatliche Prüfung zu bestehen, um die offizielle Berechtigung zu haben, die Berufsbezeichnung „Medizinischer Technologe für Laboratoriumsanalytik“ oder für Radiologie, Funktionsdiagnostik oder Veterinärmedizin (nach Paragraf 5 des MT-Berufe-Gesetzes) zu führen.
Fehlendes Personal
Letztendlich wurden diese Neuerungen, insbesondere die Bezahlung der Medizinischen Technologen, auch durch den drückenden Personalmangel nötig und möglich. Man will offensichtlich auf dem Gesundheitssektor neue Anreize setzen, um Nachwuchskräfte zu rekrutieren.
Das ist das Problem: Der Plan ist gut, aber eine Überlastung bei zu wenig Klinikpersonal, lässt die neuen Bestimmungen eine reine Absichtserklärung auf dem Papier bleiben. Die Auszubildenden brauchen Zeit und die Aufmerksamkeit der Ausbilder in der Praxis. Die Lösung kann jedoch nicht sein, dem sowieso schon überlasteten Gesundheitspersonal nun auch noch eine zeit-intensive Betreuung der auszubildenden Technologen aufzubürden. Dieses Problem wird sich wahrscheinlich nicht so leicht lösen lassen.
Zumindest ist schon einmal die Hürde genommen, dass händeringend gesuchte, junge Leute – gerade in Mangelberufen, wie diesem – auch noch Geld für die Ausbildung mitbringen müssen. Möglicherweise könnte man ja mehr Praxisausbilder von einfacheren Arbeiten in den Kliniken und Laboren durch Neu-Einstellungen entlasten. Das aber wird wohl an der Sparwut des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach zerschellen.