„Das Fluorid in der Zahncreme ist gut für den Zahnschmelz und deswegen ist jegliche Fluoridierung gut“, so ist die landläufige Meinung – seit Dekaden. Bereits 2012 widerlegte eine EU-Studie die Wirksamkeit der Fluoridierung. Was spricht heute noch dafür eine giftige Substanz – niedrig dosiert – einzunehmen? Was wäre die Alternative?
➥ Autor: Andreas Müller-Alwart
➥ Buch zum Beitrag: Raus aus der Fluorid-Falle!
Der Kernpunkt der Debatte
Damit dieser Bericht das Thema zügig auf den Punkt bringt, wird er viele Details weglassen, über die sich die sogenannten Experten seit Dekaden streiten. Stattdessen kommen wir rasch auf den Kernpunkt der Debatte, die zwischen Panikmache, ja sogar Verschwörungstheorie, und stoischer Gelassenheit schwebt.
An dem einen Extrempunkt sind diejenigen, die davon ausgehen, dass Fluorid sogar dazu verwendet wird, um den IQ der Bevölkerung langsam, aber sicher abzusenken. Am anderen Extrempunkt stehen Zahnärzte, die eine Gefahr durch Fluorid nur sehen, wenn jemand einige Dutzend Zahnpastatuben verzehrt – bei Kindern sei seine Tube schon nicht so gut. Und dazwischen sind kritische Ärzte – vor allem Kinderärzte. Die Diskussion kennt der Autor schon seit den Siebziger Jahren.
Um was geht es eigentlich?
Zum einen geht es darum, dass Fluoride – also die Salze des hochtoxischen Fluors – in vielen Zahncremes enthalten sind. Diese Fluoride sollen eine Schutzschicht über dem Zahnschmelz bilden, welche die Zähne schützt. Und zwar gegen die Säure, die vor allem bei übermäßigem Zuckerkonsum am Zahnschmelz nagt. Das ist die offizielle Story. Zahnärzte sind sich einig: Das ist wichtig und wirkt.
Die Stiftung Warentest, die Zahncremes regelmäßig untersucht, ließ denn auch prompt diejenigen Zahncremes durch den Test fallen, die keine Fluoride enthielten und erklärt:
„Laut Stiftung Warentest nimmt ein Erwachsener hierzulande täglich schätzungsweise zwischen 0,4 und 1,5 Milligramm auf. Das ist weit entfernt vom täglichen Richtwert von circa 3,5 Milligramm, den die Deutschen Gesellschaft für Ernährung für Erwachsene angibt – und noch weiter entfernt von einer gesundheitlichen Gefährdung. Dafür müsste ein Erwachsener über längere Zeit täglich mindestens 10 Milligramm Fluorid aufnehmen.“ (1)
Es gilt also als gegeben: Durch den normalen Gebrauch von Fluoriden aus Zahncremes tritt keine toxische Reaktion ein. Die Langzeitfolgen von Fluoriden, die in ein komplexes System wir unseren Körper gelangen, sind nicht ausreichend belegt. Es gilt also abzuwägen, ob man an den Fluorid-Schutz glaubt und ob man diesen als bedeutsamer ansieht, als mögliche Nebeneffekte. Oftmals, wenn eine Diskussion um eine Substanz sich jahrzehntelang hinzieht, aber Langzeitstudien nicht wirklich klare Ergebnisse liefern, muss man heutzutage stutzig werden. Ist es so schwer, einen klaren Nachweis zu liefern, ob Langzeit-Nebeneffekte durch Fluorid zu erwarten sind oder nicht?
Fokus, Stern & Co.: Recherche und Dialektik fehlen
Gleichzeitig plappern „Stern“ und „Fokus“ und viele andere Mainstreammedien gerne bei gesundheitlichen Themen das nach, was ihnen vermeintlich unabhängige Tester anliefern und das Ganze in einem Ton, als ob sie die Wahrheit durch diesen einen Expertenkontakt für sich gepachtet hatten. Da kommt kein kritischer Arzt oder Experte zu Wort. Die Dialektik im Journalismus ist einer Ökonomisierung zugunsten der Werbekunden und des Mainstreams gewichen und da wird auch nicht differenziert recherchiert.
Sonst hätte man z. B. in „natur & heilen“ (Februar 2012) einen sehr differenzierten Artikel mit folgendem Hinweis gefunden: „Ein Gutachten der Europäischen Union belegt jetzt eindeutig, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis für den Schutz vor Karies durch Fluor gibt. Trotzdem ist in einigen Ländern das Trinkwasser fluoridiert, Salz wird mit Fluor angereichert und die meisten Zahncremes sind mit Fluor versetzt.“ (4) Damit wäre doch logischerweise die Diskussion um Fluor in der Zahncreme ebenso erledigt gewesen wie die Fluoridierung von Trinkwasser und die Abgabe von Fluoridtabletten.
Medien hinterfragen die Glaubwürdigkeit der Studien
„Mediziner sind sich einig: Fluorid ist ein Segen für Zähne und schützt vor Karies. Dennoch breiten sich Ängste vor der Substanz im Netz rasend schnell aus. Davon profitieren Geschäftemacher.“ (2)
Dies schreibt der „Stern“. Wer bei Gesundheitsthemen auf Wikipedia oder diese yellow press Journale vertraut, ist selber schuld. Und weiter: „Das Argument, Fluorid mache uns dumm, beruht auf Studien aus China und Mexiko. In Mexiko wurde bei Kindern, deren Mütter während der Schwangerschaft stark fluoridhaltiges Wasser getrunken haben, ein geringerer IQ gemessen. Doch diese Situation ist nicht mit Deutschland vergleichbar. Bei uns wird kein Wasser mit Fluorid angereichert, so Sebastian Hirsch.
„Da wird teilweise mit Studien argumentiert, die überhaupt nicht richtig gelesen wurden, in denen es vor allem darum geht, dass eine chronische Überdosierung im Trinkwasser an manchen Orten in der Welt existiert. Aber diese Überdosierung ist so massiv, so viel Fluorid können wir in Deutschland im Normalfall gar nicht zu uns nehmen.““ (2) Da wird es Zeit, dass sich die Stiftung mit der Studie der EU auseinandersetzt. Übrigens – als Randnotiz – auch die Öko-Test wertet Zahnpasta ohne Fluor komplett ab, auch die Kollegen dort ignorieren die EU-Studie und somit ist das, was als alternatives Testmagazin wirksam sein wollte, inzwischen auch Legende. (5)
Nach der EU-Studie sind die Erkenntnisse glasklar
Zum einen ist die Fluoridierung nur deswegen und nur dann erforderlich, wenn intensiver Zuckerkonsum betrieben wird. So wäre es für jeden einfacher und aus anderen Gründen auch sinnvoller, den Zuckerkonsum radikal zu reduzieren, zum anderen wäre es die beste Zahnprophylaxe, stark zuckerhaltige Lebensmittel zu verbieten oder höher zu besteuern. Dass dies gegen die mächtige Zuckerlobby bislang nicht gelungen ist, ist bekannt: Eine Zuckersteuer wird seit vielen Jahren erfolgreich verhindert.
Die zweite Erkenntnis besteht in der EU-Studie, die eindeutig belegt: Die Fluoridierung führt nicht zwingend zu dem gewünschten Schutzeffekt. Warum also sollte man sich weiterhin eine toxische Substanz weiter einverleiben? Somit kann man sich die ebenfalls geführte Langzeitdebatte über Grenzwerte bei Fluorid schenken.
Im Übrigen ist auch die WHO hier glasklar: „Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat keinen Wert für einen täglichen Fluoridbedarf festgelegt, da Fluorid kein essentielles Spurenelement ist. Auch für Deutschland gibt es keine exakten Zufuhrdaten für Fluorid.“ (1) Dies spricht auch dafür: Fluorid – da nicht essentiell – muss nicht zugeführt werden – es gibt keinen Fluoridmangel, es kann aber sehr wohl eine Überdosierung geben.
Die EU-Studie zur Fluoridierung
Nun wird es Zeit, die Kernerkenntnisse der EU-Studie anzunehmen. Da ist zum einen der Hinweis: „Kleine Mengen Fluorid können sich positiv auf die Kariesvorbeugung während des Zahnwachstums auswirken. Das Fluorid kann im Trinkwasser enthalten sein – entweder als natürlicher Bestandteil oder beigefügt – aber auch als Zusatzstoff in Zahnpasten, Mundspülungen oder Dentalgels.“ Bitte genau lesen: „Kleine Mengen können…“ steht da. Auch daraus ergibt sich. Besser und nachhaltiger wäre das Abstellen der Ursachen, also der Verzicht auf Zucker, sodass die aggressiven Säuren erst gar nicht entstehen können.
Dann weiter: „Im Rahmen einer Trinkwasserfluoridierung wird die gesamte Bevölkerung eines Gebietes erreicht, allerdings ist der Vorgang als Gesundheitsmaßnahme umstritten. Zu viel Fluorid kann ungesund sein und in Form von Dentalfluorose zu Verfärbungen bis hin zu Schäden an den Zähnen führen. Auch gibt es Hinweise darauf, dass ein Fluoridüberschuss andere Gesundheitsfolgen nach sich ziehen kann.“
Das sind einfach keine Erkenntnisse, die es rechtfertigen, einer ganzen Bevölkerung eine Fluoridierung, also die niedrige Dosierung eines toxisch wirksamen Elementes, zu oktroyieren. Beim Salz oder Zahncreme kann der Verbraucher immerhin noch wählen, ob er diese mit oder ohne Fluorid erwerben möchte.
Eine Reihe kritischer Studien
Zu den o. g. Erkenntnissen kommt noch eine Vielzahl von Studien, die die Kritik am Fluorid befeuern. Schon im Allgemeingebrauch kann Fluorid zu Zahnflecken führen – besonders bei Kindern. Übermäßige Fluoridierungen hatten im Ausland zu massiven Knochenproblemen geführt. Und es reicht ein Blick auf die sehr gute Übersichtseite des „Zentrum der Gesundheit“ (7), um viele kritische Berichte und Studien zu ersehen. Weder sind sich die Ärzte einig – Kinderärzte warnen sogar oft vor Fluorid(-tabletten), Zahnärzte empfehlen es – noch sind sich die Experten einig. Wir lernen auch hier wieder: Wissenschaft ist ein Dialog. Sofern dieser Dialog nicht frei von ökonomischen und Lobby-Interessen geführt wird, kommt die Wahrheit nur scheibchenweise und verzögert zutage. Es gibt nicht DIE Experten, sondern einen laufendenden Wettstreit von Expertenmeinungen.
Von der Verschwörung zur Eigenverantwortung
Die Idee, man verabreiche der Bevölkerung Fluorid im Trinkwasser, weil sie dadurch verblöde, ist natürlich absurd. Sie ist es schon allein deswegen, weil wir in den letzten zwei Jahren kennenlernen durften, welche wirksameren und subtileren Methoden es hierfür gibt.
Die Idee auf Zucker in der Nahrung weitgehend zu verzichten und vielleicht die gesamte Bakteriensituation im Mikrobiom und in der Mundflora – die hängen nämlich miteinander zusammen – zu verbessern, wäre sicherlich viel nachhaltiger als jegliche Fluoridierung. Aber warum sollte man etwas grundsätzlich am Lebensstil ändern, wenn es sich mit einer Tablette oder zweimal täglich Zähneputzen „lösen“ lässt?
Quellenverzeichnis:
(1) https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/zaehne/vorbeugung/fluorid-so-gefaehrlich-ist-der-stoff-in-der-zahnpasta-wirklich_id_5872918.html (aufgerufen am 01.05.2022)
(2) https://www.stern.de/gesundheit/zaehne/fluorid-in-zahncreme–die-legende-vom-gift-in-der-zahnpasta-8395952.html (Aufgerufen 01.05.2022), Sebastian Hirsch hat die Tests für die Stiftung Warentest durchgeführt.
(3) https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/umwelt/schaedliche-faktoren/fluorid (Aufgerufen 01.05.2022)
(4) https://www.naturundheilen.de/de/artikel/fluor-der-prophylaxe-irrtum/ (Februar 2012, aufgerufen 01.05.2022).
(5) https://www.oekotest.de/gesundheit-medikamente/Macht-uns-Fluorid-in-Zahnpasta-krank_600876_1.html (aufgerufen 01.05.2022)
(6) https://ec.europa.eu/health/scientific_committees/opinions_layman/fluoridation/de/index.htm (aufgerufen 01.05.2022)
(7) https://www.zentrum-der-gesundheit.de/bibliothek/umwelt/schaedliche-faktoren/fluorid (aufgerufen 01.05.2022)