In der craniosacralen Behandlung arbeitet man durch sanfte Berührung mit den Faszien und der Lymphe. Beides Orte, an denen Traumata, Ängste, Verschlackungen und Stress sich festsetzen. Durch die besonderen Techniken der Berührung, eines Haltens und auch manchmal Dehnens, hilft der Therapeut seinem Klienten umfassende Entspannung auf körperlicher und energetischer Ebene zu erreichen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem körpereigenen Craniosacral-Rhythmus von fließender Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit zu. Es kommt zu spürbaren Veränderungen, Wohlbefinden und auch zu einer Stärkung des Immunsystems, welches ja durch Stress heruntergefahren wird. In der Regel braucht es dazu einen Therapeuten. Was aber, wenn Du Dein eigener Therapeut wirst? Denn einige dieser wunderbaren Griffe kann man auch bei sich selber erfolgreich anwenden.
➥ Autor: Barbara M. Thielmann
Was ist das Craniosacral-System?
Wie der Name schon verrät, geht es um das Cranium (Schädel) und das Sakrum (Kreuzbein). Wir haben damit äußerliche und innerliche Auswirkungen auf unser System.
Station
äußerlich
innerlich
Bereiche
Schädel (Cranium), Wirbelsäule (Columna vertebralis) Kreuzbein (Os Sacrum)
Hirn- und Rückenmarkhäute (Meninges), sie bilden die Hüllen des ZNS (zentrales Nervensystem)
Hirn- und Rückenmarswasser (Liquor cerebrospinalis)
Durch direktes oder indirektes Entspannen des Craniosacral-Systems werden die Suturen (Schädelnähte), die deine Schädelknochen gelenkartig miteinander verbinden, freier und flexibler. Und zur gleichen Zeit werden über diese Schädelknochen die sich dahinter befindlichen Hirn- und Rückenmarkhäute (und weitere mit ihnen verbundene Strukturen) sanft entspannt.
Damit wird übermäßige Anspannung deiner Hirn- und Rückenmarkhäute abgebaut und gleichzeitig wird der Fluss deines Liquors (Gehirnwasser) verbessert. Das Resultat ist, dass dein gesamtes Craniosacral-System mit seinem Craniosacral-Rhythmus, man nennt das auch die Gezeiten deines Körperwassers, begünstigt wird. Deine Selbstheilungskräfte und deine Selbstregulation erfahren eine deutliche Belebung und Qualitätssteigerung, Scheitel- und Schläfenbein werden entspannt.
Die Entspannung dieser beiden Areale fördert zum Beispiel:
- deine Lern- und Konzentrationsfähigkeit
- eine bessere Durchblutung deines Gehirns
- Abbau bzw. Verminderung von Spannung in deinem Schädel und Halswirbelsäulenbereich
- Ausgleich deines Hormonsystems und weiterer Körperfunktionen im Stoffwechsel
Wie kommt die Energie vom Hinterhauptbein zum Kreuzbein?
Stell dir vor, dass von deinem Hinterkopf, genau unterhalb der Schädelbasis ein langer Schlauch bis hinunter zu deinem Kreuzbein geht. Das, was man den craniocascralen Rhythmus nennt, wird genau durch diese Röhre oder Schlauch geleitet. Der Bereich unterhalb der Schädelbasis gehört zu den Rückenmarshäuten, der Dura mater. Und deshalb nennt man den Schlauch auch ganz profan den Duralschlauch. Über Arbeit mit der Flüssigkeit in diesem „Schlauch“ kommuniziert man dann im Grunde mit dem gesamten Körper. Die Flüssigkeit ist der Liquor.
Der Liquor und seine Funktionen
Die Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit wird Liquor cerebrospinalis genannt. Sie wird aus Blut gebildet. Sie wird an den Wänden deiner Gehirnkammern (Ventrikel) in deinen Adergeflechten produziert. Wie du sicherlich weißt, sind Flüssigkeiten, allen voran das Wasser, bedeutende Energie- und vor allem Informationsträger- sowie auch Speicher.
ZITAT
„Der Liquor ist das höchste bekannte Element im Körper. Der Liquor ist wie flüssiges Licht.“ (Andrew T. Still, Begründer der Osteopathie)
FUNKTIONEN
- Schutzfunktion
- Nährfunktion
- Reinigung und Entschlackung
- Übermittlungs- und Aktionspotential des ZNS
Das Craniosacral – System und seine Wechselwirkung mit anderen Körpersystemen
Das System steht mit einigen anderen Körpersystemen in wechselseitiger Beziehung und Beeinflussung. Dazu gehören:
- Blutkreislauf
- Nervensystem
- Endokrines System
- Lymphsystem
- Atemsystem
- Bewegungsapparat
Wird das craniosacrale System entspannt, werden auch die zuvor genannten Körpersystem harmonisiert und entspannt. Die Therapie wirkt sich auf diese Systeme hilfreich aus, und kann bei Störungen, die aus diesen Körpersystemen hervorgehen erfolgreich angewandt werden. Hier einige Beispiele:
- Asthma
- Atembeschwerden
- Bandscheibenvorfälle und Ischias
- Bluthochdruck
- Depressionen
- Erschöpfungszustände
- Hormonelle Störungen
- Hörprobleme (wie Tinnitus)
- ADHS
- Lernschwierigkeiten
- Migräne
- Schlafstörungen
- Spasmen und Stress
- Verdauungsprobleme
- besonders auch bei Zahn- und Kieferproblemen (Okklusion = Fehlbiss)
- nach Schock und/oder Unfällen
- Schwangerschaften
Dies ist nur ein kleiner Auszug aus der Bandbreite der Möglichkeiten. Auch kann man sagen, dass nach 6 bis 12 Sitzungen das Körperbewusstsein wesentlich besser wird, was wiederum dafür sorgt, dass wir unseren Körper bewusster „bewohnen“. Das Ergebnis ist bessere Gesundheit und ein stärkeres Immunsystem.
Die Selbstbehandlung
Wenn du dich selbst behandeln willst, so geht auch dies. Allerdings variieren einige Griffe und Vorarbeiten bei der Selbstbehandlung. Es ist hilfreich, diese in drei Teile einzuordnen.
Im ersten Teil geht es um Lockerungsübungen. Und es ist egal, ob man behandelt wird oder sich selbst behandelt, Lockerung im Vorfeld muss sein. Im zweiten Teil geht es um Wahrnehmungs- und Spürübungen. Diese sind ebenfalls wichtig, sie führen auch dazu, dass dein Bewusstsein angehoben wird, einfach durch Selbstwahrnehmung und Selbstgewahrsam. Man führt sie sitzend oder liegend aus. Im dritten Teil schlussendlich geht es um die Harmonisierung deines gesamten Systems. Die sanften Griffe werden vorzugsweise sitzend, aber auch liegend ausgeführt. Und es ist hilfreich, eine gelassene Grundhaltung einzunehmen. Zur noch besseren Entspannung und dem Loslassen kannst du auch in der Badewanne tätig werden.
Wie gehst Du jetzt also vor bei der craniosacralen Selbstbehandlung?
Dazu empfehle ich dir, erst einmal ein oder zwei Sitzungen bei einem Therapeuten zu buchen. Erstens ist es eine herrliche Entspannung in dieser stressbeladenen Zeit und zweitens bekommst du ein Gefühl für „den Fluss der Gezeiten“ in dir. Auch bekommst du Einblick in die Griffe, die bei einer Behandlung angewandt werden. Wie man die Finger und Hände sanft „anlegt“. Denn die Bewegungen und Berührungen der Hände, egal ob du sie empfängst oder bei dir selber anwendest, sollten langsam und leicht sein, wie der Flügelschlag eines Schmetterlings.
Position bei der Selbstbehandlung
Wie es dir beliebt, wahlweise stehend, jedoch meist sitzend und liegend. Wie eben schon angedeutet, kann man einige Behandlungen auch im warmen Wasser in der Badewanne vornehmen. Die Schwerelosigkeit und die Wärme unterstützen das Loslassen und sich einfinden in den Fluss. Jede Anstrengung darf wegfallen. Nur du und dein Körper erfahren den Moment der Entspannung. Auch sind nicht die Griffe das Wichtigste, sondern das Erfühlen und Erlernen der Achtsamkeit und des Selbstgewahrsam. Denn durch diese Art der Selbstbehandlung schulst du deine Körperwahrnehmung, was mit der wichtigste Teil des Ganzen ist. Mehr Selbstwahrnehmung führt zu mehr Selbstliebe. Sie lehrt uns zu differenzieren und zu „lauschen“, was das Bindegewebe, durch das auch die Seele mit uns kommuniziert, zu sagen hat.
Du spürst die Entspannung auf verschiedenste Art und Weise. Zum Beispiel dass dein Gewebe unter deinen Händen.
- weiter wird
- weicher wird
- wärmer wird
- voller wird
Was bewirkt die Selbstbehandlung?
Deine Selbstregulation und deine Regenerationskräfte werden von innen durch die Berührungen unterstützt. Dein Autonomes Nervensystem mit seinen parasympathischen Anteilen wird gestärkt. Du kannst wahrnehmen, wie deine Atmung sich verändert, gleichmäßiger, ruhiger und tiefer wird. Die Schultern senken sich, ebenso die Unterkiefer. Auch eine Entspannung der Peristaltik (die typische Magen-Darmgeräusche) setzt ein. Dein gesamter Körper geht in eine Entspannungsphase über. Klarheit, Gelassenheit und Zufriedenheit werden spürbar, aber vor allem gewinnst du an Präsenz. Das ist das wichtigste überhaupt. Denn die schult die differenzierte Wahrnehmung, auch im Alltag.
Du lernst deinem Körper zu lauschen und – ganz wichtig – zu vertrauen!
Regelmäßige Anwendung fördern und unterstützen
- deine Lern- und Konzentrationsfähigkeit
- deine Sensorik, Motorik und dein Gleichgewicht
- deine microgen (also sehr gut auch beim Fasten)
- deine freie Atmung
- deine Haltung, Rücken und den Bewegungsapparat insgesamt
Du kannst sie anwende als Entspannungshilfe, als Einschlafhilfe und bei allen stressbeladenen Situationen, davor und danach.
Und als Begleitung dazu empfehle ich dir das Buch von Daniel Agustoni „Craniosacrale Selbstbehandlung“, da wir dir hier aus Platzgründen nicht alle Übungen zeigen können.