Der Beitrag beleuchtet die problematische Verwendung von Titanoxid (Titandioxid), einem weit verbreiteten Zusatzstoff, der in einer Vielzahl von Produkten als Weißmacher dient, einschließlich Lebensmitteln, Kosmetika und auch in Medikamenten. Lange Zeit als harmlos angesehen, mehren sich nun die Beweise für die gesundheitlichen Risiken von Titanoxid, insbesondere durch seinen Gehalt an Nanopartikeln, die bei bestimmten Personen schwere Entzündungen auslösen können und sogar das Krebsrisiko erhöhen. Der Artikel deckt auf, wie der Stoff trotz Warnungen von Experten über Jahre hinweg verwendet wurde, bis schließlich ein Verbot auf EU-Ebene diskutiert und für Lebensmittel bereits umgesetzt wurde. Dennoch bleibt Titanoxid in einigen Produkten, wie Zahnpasten und Medikamenten, weiterhin präsent, was zu einer ernsten Besorgnis für die öffentliche Gesundheit führt.
➥ Autor: Niki Vogt
Lange Zeit galt das Titanoxid (genauer Titandioxid) als ungefährlich, allen Warnungen von Experten zum Trotz. Nun ist es raus: Titanoxid, der Super-Weißmacher. Ist DOCH gefährlich. Nun soll er verboten werden.
Mit dem Lebensmittelzusatzstoff E171 (Titanoxid) wurde verschwenderisch umgegangen. Man benutzte ihn für Soßen, Backwerk, Kuchenglasuren, helle, weiße Käse, wie Schafskäse und Mozzarella, Dressings, Backmischungen. Süßigkeiten, Zuckerstreusel und anderen Lebensmitteln, wie Kaugummi.
Viele Kosmetika enthalten den Stoff, insbesondere Sonnenschutzlotionen. Der Stoff verleiht als Überzug auf Süßigkeiten oder auch Backdekor-Produkten, wie Glitzerperlen, Gebäck-Überzügen, Dragees und Tabletten eine kräftige weiße oder sehr bunte Schicht.
Aber er auch, und darum geht es heute, in Tabletten und Kapseln und auch in Zahncremes.
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Was ist an Titanoxid gefährlich?
Seit 2017 war verdichtete sich der Verdacht, dass der Stoff doch nicht sicher ist. Es tauchte der Verdacht der Erbgutschädigung auf. Die Aufnahme des Schadstoffes sei zwar sehr gering, könnte sich jedoch über die Zeit hin ansammeln.
Überdies enthält es einen hohen Anteil an Nanopartikeln. Die sind für Menschen mit Darm-Erkrankungen gefährlich. Menschen mit einem gesunden Darm sind durch eine dicke Schleimschicht auf der Darmoberfläche geschützt. Bei Darm-Erkrankungen ist diese Schicht löcherig oder kaum noch vorhanden. Die Nanopartikel können in die anfälligen Zellen eindringen und dort schwere Entzündungen verursachen.
Wird Titaniumoxid als Pulver eingeatmet, kann es Krebs begünstigen. Titandioxid hat in Tierversuchen mit Nagetieren Darmerkrankungen bis hin zu Tumoren ausgelöst.
Das Fernsehmagazin „Plusminus“ ließ von einem renommierten Labor den Anteil dieser Nanopartikel testen. Spitzenreiter im Gehalt dieser gefährlichen Teilchen im Titanoxid waren weiße Zuckerstreusel (67%) und Kakaopulver (84%).
Die EFSA zog dann endlich 2021 die Konsequenz und es wurde ein Verbot von Titanoxid als Zusatzstoff in Lebensmitteln auf EU-Ebene diskutiert. Übrigens war Frankreich Vorreiter im Titandioxid-Verbot.
Seit 2022 ist Titanoxid in Lebensmitteln verboten. In Zahnpasta – sogar Kinderzahnpasta – ist Titanoxid auch heute noch enthalten. Hier lohnt es sich, bewusst zu einer titanoxid-freien Zahncreme zu wechseln.
In Medikamenten gibt es sie immer noch
Trotz des Verbotes in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten darf Titanoxid weiterhin bei Medikamenten eingesetzt werden. Etwa 16 Prozent der zugelassenen Arzneimittel enthalten Titanoxid. In der EU sind laut dem Bundesverband der pharmazeutischen Industrie etwa 92.000 Arzneimittel, die Titanoxid verwenden. Es verhindert ein Zersetzen der Inhaltsstoffe durch die UV-Strahlung des Sonnenlichts.
Das Problem ist, dass Titanoxid der perfekte Stoff für die Pharmaindustrie ist und ein Ersatz dafür nur sehr mangelhaft ist, heißt es. Die Austauschprodukte würden auch die Eigenschaften der Medikamente beeinflussen, wird gewarnt. Und es entstehe ein bürokratisches Problem: Die zuständigen Behörden müssten dann stapelweise die Änderungsanträge und Neuzulassungen der Arzneimittel beantragen, was dann zu einer Verknappung der Versorgung führen würde.
Kritiker halten dagegen, dass die Hersteller eben nicht warten sollten, bis es das Titanoxid verboten ist, sondern bereits jetzt an der Umstellung arbeiten und nicht alle auf „den letzten Drücker“ umstellen und die Behörden mit Bergen von Papier überhäufen.
Man findet allerdings in der Pharmabranche die Warnungen vor dem Titanoxid übertrieben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht es aber anders. Titanoxid sei nachweislich gefährlich und nur noch zugelassen, weil bei einem sofortigen Verbot erhebliche Engpässe entstünden. Was natürlich dazu führt, dass die Pharmahersteller auch keine echte Notwendigkeit zum Wechsel sehen.
Der Sozialverband VDK sieht dieses Problem aus der Sicht der Patienten so, dass die Patienten dem Titanoxid kaum entrinnen können, weil „in der öffentlichen Apotheke die günstigsten Arzneimittel abgegeben werden müssen. Und da Titandioxid als Lichtfilter fungiert, wird in Medikamenten die fotosensibel sind, also wo der Wirkstoff durch Licht zerstört werden kann, auch immer Titandioxid drin sein. Als Patient ist man also eigentlich darauf angewiesen, dass die Pharmaindustrie einen neuen Lichtfilter entwickelt, einen Ersatzstoff für Titandioxid.“
Nun steht allerdings eine Neubewertung der Schädlichkeit von Titanoxid an. Bis April soll die Europäische Arzneimittelbehörde neu bewerten, ob der Stoff auch in Arzneimitteln verboten werden soll.