Kinderarbeit: Wenn Kinder „freiwillig“ Sklaven werden müssen

Am 12. Juni ist der Welttag gegen Kinderarbeit. Viele Firmen machen immer noch gute Geschäfte mit der Arbeit von Kindern. Man gibt sich gerne hochmoralisch, aber irgendwann kommt regelmäßig heraus, dass es eben doch Kinderhände sind, die zum Teil gefährliche und gesundheitsschädliche Arbeiten verrichten, um ein Produkt möglichst preiswert auf den Markt zu bringen.

Autor: Niki Vogt

Einer der zuletzt sehr bekannt gewordenen, entsetzlichen „Arbeitsplätze“ für Kinder sind die Kobaltminen im Kongo. Hier graben kleine Kinderhände im Schmutz und bei Hitze und Regen tagaus tagein die kobalthaltigen Brocken aus, bis sie krank werden. Arbeitsschutz – ein Fremdwort.

Ab wann ist es Kinderarbeit?

Das ist nur ein besonders erschreckendes Beispiel. Doch wie steht es um die Kinderarbeit? Ist das ein einmaliger Skandal? Ab wann ist es Kinderarbeit? Laut Definition der UNICEF sind Arbeitsleistungen dann Kinderarbeit, wenn die Kinder für diese Arbeit zu jung sind oder die Kinder vom Schulbesuch abhält. Kinderarbeit beraubt die Kinder ihrer Kindheit und verstößt gegen die Kinderrechte.

Niemand würde „Kinderarbeit!“ schreien, wenn die Eltern das Kind auffordern, hier und da mal mit anzufassen, um zu lernen, wie man im Gemüsebeet Pflanzen zieht, wie man Sachen richtig aufräumt oder einen Tisch deckt. Kinder wollen oft mithelfen.

Auch Jugendliche, die sich mit ein Aushilfsarbeiten in der Nachbarschaft, wie Rasenmähen, Einkäufe erledigen, Zeitungen austragen oder den Hund Gassi führen ein bisschen Taschengeld verdienen, fallen nicht darunter. Die meisten Staaten haben ein Mindestalter von 14 bis 16 Jahren festgesetzt. Bei uns, in Deutschland, liegt das bei 15 Jahren – mit Ausnahme leichter Tätigkeiten.

Foto: @Garakta-Studio via envato.elements

In Entwicklungsländern blüht die Kinderarbeit

Und sie ist meistens nicht nur etwas, was den Kindern die Kindheit nimmt, sondern auch die Gesundheit. Sie müssen in Steinbrüchen arbeiten, auf Plantagen, in Minen oder Kohlegruben – und sie müssen oft viel zu schwere Lasten für ihre kleinen und noch weichen Knochen tragen, was sie für ihr weiteres Leben schwer schädigt.

Die Kinder werden natürlich nicht gefragt, doch muss man verstehen, dass die Familien oft so arm sind, dass sie oft gar keine andere Wahl haben, als zum Überleben ihre Kinder auf diesen „Arbeitsmarkt“ zu schicken. Nicht selten müssen sie, um ein Darlehen zu bekommen, ein Kind in die Schuldknechtschaft des Darlehensgebers übereignen.

Und so zählt auch die UNO gemäß der Konvention (ILO-Konvention Nr. 182 von 1999) alles unter Sklaverei und sklavenähnlichen Abhängigkeiten und Zwangsarbeit, wo das Kind die beschriebenen Arbeiten ausführen muss. Das ist eine moderne Form von Leibeigenschaft, die wir hier in Europa für eine menschenverachtende, mittelalterliche und längst überkommene Unsitte halten.

(Bild: gemeinfrei) zu finden auf: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Children_In_iraq-iran_war4.jpg#/media/Datei:Children_In_iraq-iran_war4.jpg

Kindermissbrauchs-Tourismus

Zu den schlimmsten Formen von Kinderarbeit zählen die Vereinten Nationen sogenannte „Kindersoldaten“, die als Kanonenfutter missbraucht werden. Sie werden in regelrechten „Kinderarmeen“ zwangsverpflichtet, bewaffnet, notdürftig ausgebildet und in scharfe Gefechte geschickt. Selbst wenn sie es überleben, tragen sie von den ganzen erlebten Grausamkeiten so große, seelische Schäden davon, dass sie für ihr Leben gezeichnet sind.

Nicht viel besser geht es Kindern, die für Kinderpornografie und Kinderprostitution benutzt werden. Bekanntermaßen gibt es in asiatische Länder, wie Thailand und Nachbarstaaten einen blühenden Kindermissbrauchs-Tourismus. Die Männer sind geradezu Stammgäste in den Kinderbordellen, in denen meist kleine Jungs die Opfer sind. Die Landespolizeien verfolgen diese Täter und Bordellbetreiber, dennoch kann dieses Unwesen nicht ausgerottet werden.

Ein weiteres Missbrauchsfeld ist es, ahnungslose Kinder als Kuriere zu benutzen. Sie sind unverdächtig, verhalten sich auch völlig arglos und werden losgeschickt, um Drogen, gefälschte Medikament und andere Dinge zu befördern. Sogar Sprengbomben sind schon Kindern in die Hand gegeben worden. Sie werden damit losgeschickt und wenn sie den Zielort erreichen, sprengt man sie gnadenlos mit der Bombe in die Luft.

Foto: @anankkml via envato.elements

Kinderarbeit hat einen neuen Schub erhalten

So hehr die Schwüre und Zielsetzungen der Regierungen und Unternehmen sich anhören – leider hat sich bisher nur wenig an diesen unfassbaren Verhältnissen geändert. Bis zum Jahr 2025 sollte jegliche Kinderarbeit in jedweder Form abgeschafft sein. Ein schönes Ziel, aber kaum möglich.

Im Gegenteil: Durch die Coronapandemie und die wirtschaftlichen Verwüstungen, die sie verursacht hat, hat die Kinderarbeit einen neuen Schub erhalten. Millionen Kinder zusätzlich sind dadurch in solche Arbeitsverhältnisse gekommen, weil sie zum Lebensunterhalt der Familie beitragen müssen.

UNICEF schätzt, dass die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie neun Millionen zusätzlicher Kinder in diese Ausbeutung gedrückt hat. Weltweit, so die Schätzung, sollen es jetzt ungefähr 160 Millionen Kinder auf der Welt sein, die nicht die Möglichkeit haben, in die Schule zu gehen und sich entwickeln und bilden zu können. Die schutzlos und ohne die Eltern an ihrer Seite den Aufsehern und Ausbeutern an ihrem Arbeitsplatz ausgeliefert sind. Zwischen 2016 und 2020 sollen schon 8,4 Millionen Kinder zusätzlich auf dem Arbeitsmarkt aufgetaucht sein, in den letzten zwei Pandemiejahren waren es dann noch einmal 9 Millionen mehr. Andere Quellen, wie die Welthungerhilfe, gehen sogar von 200 Millionen Kindern aus.

(Bild: gemeinfrei) zu finden auf: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kinderarbeit_gross.jpg

Schuften, um zu überleben

Etwa die Hälfte dieser Kinder, also fast 80 Millionen, muss unter Bedingungen schuften, die schon für Erwachsene sehr schwer sind: So werden Kinder in Burkina Faso in die Goldminen geschickt, weil sie klein und wendig sind und in die engsten Schächte hinein kriechen können. Von dort kehren sie zurück mit schweren Eimern voll goldhaltigem Gestein, überall in Afrika verrichten Kinder schwere Feldarbeit. An der Elfenbeinküste sind ganze Scharen von Kindern als Müllsammler unterwegs. In Kambodscha wimmelt es an touristischen Sehenswürdigkeiten nur so vor Kindern. Sie alle versuchen, etwas an die Besucher zu verkaufen und prügeln sich fast um die Touristen. Sie sprechen erstaunlich viele Sprachen und sind sehr geschäftstüchtig. Aber nicht freiwillig: Nach Feierabend haben sie ihre Einnahmen an ihren Boss abzuliefern und wehe, sie bringen nicht genug. In Indien arbeiten Kinder auf Baustellen, Baumwollfeldern oder Kaffeeplantagen:

Ein Mädchen bei der Arbeit in einer Kaffeeplantage, Bild: via Flickr.com, Kinderarbeit auf Kaffeeplantagen, katholische Jungschar Österreichs, Bildlizenz: CC BY-NC-SA 2.0

Am 12. Juni ist der Welttag gegen Kinderarbeit

Christian Schneider, der Geschäftsführer der UNICEF Deutschland warnt: „Die Zeit drängt: Das Ziel der Weltgemeinschaft, Kinderarbeit bis 2025 zu beseitigen, rückt in weite Ferne, wenn wir jetzt nicht massiv gegensteuern“.

Am 12. Juni ist der Welttag gegen Kinderarbeit. Und wir werden wieder einmal hehre Versprechungen und Gelöbnisse gegen Kinderarbeit hören. Die guten Vorsätze werden beklatscht und gefeiert. Das Ende der Kinderarbeit bis 2025 ist jedoch nicht in Sicht.

Passend zum Datum wird dieser Tage ein UNICEF-Bericht veröffentlicht, der die Rolle der Unternehmen hier beleuchten soll. Es reiche eben nicht aus, einfach nur die Beschäftigung der Kinder zu verbieten. Das gesamte Vorgehen der Unternehmen muss die Auswirkungen auf die Familien und damit auch auf die Kinder berücksichtigen. Die Kinder nicht zu beschäftigen, aber die Arbeit der Eltern mit Hungerlöhnen und inakzeptablen Arbeitsbedingungen zu entlohnen, zwingt die Familien, die Kinder auch als Arbeitskräfte einzusetzen, schreibt die Deutsche Welle.

Eltern möchten ihre Kinder nicht in den Mühlen einer Sklavenarbeit zermahlen lassen, sie tun es aus Not. Erhalten die Eltern gute Arbeitsbedingungen und eine angemessene Bezahlung, wäre ein großer Teil des Problems schon gelöst. Allein irgendwo einen schönen Text, wie die UN-Kinderrechtskonvention zu unterschreiben, hilft nicht.

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