Wenn Du auf Seiten surftst, wie beispielsweise hier, auf „Welt der Gesundheit“, dann begegnet Dir ständig das Wort „Enzym“. Dass das eine tolle Sache ist und sehr gesund, das weiß irgendwie fast schon jeder. Der eigene Körper stellt sie her, sie sind in Gemüse und Obst und wahnsinnig wichtig. Aber … was genau sind Enzyme eigentlich?
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Was sind Enzyme?
Enzyme sind sehr große, kompliziert aufgebaute, biochemische Moleküle. Meistens stellt der eigenen Körper sie her. Bei Pflanzen ist das auch so und auch bei Früchten. Die Aufgabe der Enzyme ist so etwas Ähnliches, wie ein „Heiratsvermittler“. Es führt Stoffe zusammen und kann bewirken, dass diese Stoffe (meistens in der Nahrung aufgenommen) mit anderen Stoffen im Körper zusammen eine biochemische Reaktion vollziehen. Ohne das Enzym würden die Materialien nicht miteinander reagieren, sondern nebeneinander herumschwimmen und gar nichts machen. Vor allem unsere Nahrung, von der wir leben, muss ja , wie man sagt, „aufgeschlossen“ und in für unseren Körper verwertbares verwandelt werden. Das Enzym bleibt dabei intakt. Es verändert sich nicht, sondern sucht die nächsten, passenden „Heiratskandidaten“.
Nicht nur zur Nahrungsverwertung brauchen wir Enzyme. Fast alle Stoffwechselabläufe gehen nur über Enzyme. Sogar für das Ablesen der Erbinformationen auf unserer DNA. Daraus kannst Du schon erkennen, dass diese Enzyme sehr spezielle Fähigkeiten haben und meistens nur für eine bestimmte Aufgabe bestimmt sind.
Vielleicht ist ein anderer Vergleich besser: In einer Fabrik läuft auch nichts von selbst. Alle Stufen der Fertigung, alle Einzelteile, organisatorischen Aufgaben, Verpackung und Versand macht eine andere Abteilung mit speziell ausgebildeten Mitarbeitern. So ungefähr ist das mit den Enzymen.
Die verschiedenen Sorten der Enzyme
Für diejenigen, die es ein bisschen wissenschaftlicher mögen: Hier sind sie verschiedenen Enzymklassen, also die Spezialausbildungen der Mitarbeiter:
- Transferasen: Sie organisieren und ermöglichen (katalysieren) Reaktionen, bei denen ganze wichtige, komplexe biologische Molekül-Gruppen (wie z.B. die Phosphat-Gruppe) von einem Groß-Molekül auf ein anderes übertragen werden. Diese Enzyme heißen z.B. Transaminasen, Kinasen, DNA-Polymerasen.
- Hydrolasen: Sie katalysieren Reaktionen, bei denen eine chemische Bindung entsteht, die entweder Wasser freisetzt oder bei der Wassermoleküle drangehängt werden, um ein Molekül aufzuspalten. Diese Enzyme heißen z.B. Peptidasen, Phosphatasen, Proteasen
- Lyasen: Sie katalysieren Reaktionen, bei denen chemische Bindungen ohne Aktivierungs-Energieverbrauch gespalten oder gebildet werden; das ist z.B. Aldolase
- Isomerasen: Sie machen sich daran, die Bindungs-Strukturen eines Moleküls neu zu ordnen, wozu sie die Bindungsverhältnisse lösen und neu knüpfen müssen. Die Enzyme, die das machen heißen z.B. Racemasen, Topoisomerasen.
- Ligasen (Synthetasen): Sie katalysieren Reaktionen, bei denen zwei Moleküle miteinander verbunden werden, und bei dem Vorgang Energie nötig ist, wo also Energie „hineingesteckt werden muss. Das machen z.B. die Carboxylasen
- Oxidoreduktasen: Sie katalysieren Reaktionen, bei denen Elektronen aus den Atomen auf andere übertragen werden. Meistens geht es dabei darum, eine Oxidation rückgängig zu machen, bei denen ja der Sauerstoff die Elektronen aus anderen Atomen an sich reißt, also den typischen Oxidationsstress. Die Umkehr sind „Redoxreaktionen“. Das machen z.B. die Enzyme, die Dehydrogenasen, Oxidasen, Reduktasen, Katalasen heißen.
Ohne Enzyme funktionieren wir nicht
Wie wichtig die gesamte Enzym-Mannschaft für den Körper ist, und dass sie korrekt arbeiten und zusammenarbeiten, das sieht man an Menschen, wo das nicht funktioniert.
Hier ein paar Beispiele:
Phenylketonurie ist eine durch angeborene Enzymstörung verursachte Stoffwechselkrankheit. Dabei kann der Eiweißbaustein Phenylalanin nicht abgebaut werden. Das Phenylalanin sammelt sich deshalb immer weiter im Körper an – und das schon bei Kindern: Dieser starke Überschuss an Phenylalanin beeinträchtigt die Entwicklung des Gehirns. Es kommt zu geistigen Behinderungen und einer zurückgebliebenen, körperlichen Entwicklung und zu Krampfanfällen.
Pophyrie ist eine – meistens angeborene – Stoffwechselerkrankung, bei der die Enzyme den roten Blutfarbstoff nicht richtig erzeugen. Dabei gibt es mehrere Varianten. Eine davon führt zu einer extremen und schmerzhaften Lichtempfindlichkeit, ausgeprägter Blässe (Anämie) und Gewebeschäden, die drastische Ausmaße annehmen können. Man nimmt an, dass solche Fälle, die verdächtig an die Beschreibung von Vampiren in den Dracula-Legenden erinnern, die unwissenden Menschen damals zu ihrem Aberglauben gebracht haben.
Plötzlicher Kindstod (Sudden Infant Death Syndrome, SIDS) ist der Alptraum aller jungen Eltern. Lange Zeit wusste man nicht genau, was diese Tragödien verursachte. Mal hieß es, das Kind dürfe nicht auf dem Bauch schlafen, dann wieder nicht auf dem Rücken, dann war es der Elektrosmog. Da die Kinder vorher vollkommen gesund wirkten, ist die Angst der Eltern umso größer und die Katastrophe nicht vorhersehbar.
Doch nun ist die Ursache offenbar gefunden: Eine australische Wissenschaftlerin des Kinderkrankenhauses Westmead in Sydney fand heraus, dass es ein Enzym ist. Man wusste, dass die gesunden Kinder einschlafen und dann einfach aufhören zu atmen. Nur warum, das war unbekannt.
Jetzt wissen wir’s: Bei den Kindern, die an SIDS sterben, ist die Aktivität des Enzyms Butyrylcholinesterase (BChE) wesentlich niedriger, als bei den anderen Babys. Das Enzym ist wichtig für die Kommunikation im Gehirn und zu wenig könne den Erregungsweg zwischen Atmung und Schlaf beeinflussen. Das erkläre auch, warum der plötzliche Kindstod im Schlaf auftrete. Ob ein Baby davon bedroht ist, kann man durch eine Blutprobe feststellen.
Auch Laktoseintoleranz ist ein Enzymproblem
Hier kann der Körper nicht die ausreichenden Mengen an dem Enzym Laktase produzieren. Die Laktase zerlegt den Milchzucker (Laktose) aus der Nahrung im Dünndarm in seine einfachen Zucker-Einzelteile. Hast Du zu wenig Laktase, funktioniert das nicht und der nicht aufgebrochene Milchzucker kann daher nicht als Energielieferant ins Blut aufgenommen werden. Er wird weiter in den Dickdarm transportiert, und da kümmern sich notgedrungen Bakterien um ihn. Die sind aber eigentlich dazu gar nicht geeignet und so kommt es zu Blähungen und Durchfall.
Ein lebenswichtiges Enzym ist auch das Thrombin (Serinprotease). Es beschützt alle unsere Blutgefäße. Wird eine Ader verletzt, tritt Blut aus. Aber wie Du selber schon oft erlebt hast, hören kleinere Verletzungen sehr schnell auf, zu bluten. Das ist lebensnotwendig, denn wir würden sonst sehr schnell viel Blut verlieren und sterben. Dafür haben wir Thrombozyten, das sind Blutköperchen, die geradezu in Heerscharen durch unsere Blutbahn kreisen. Sie schwimmen da friedlich herum und sehen aus, wie winzige zusammengeknuddelte Fetzchen. Wird nun ein Blutgefäß verletzt, entfaltet sich der Thrombozytenknuddel und streckt Tentakel und Fangärmchen aus und verhakt sich mit anderen Thrombozyten zu einem dichten Netz, durch das die Blutkörperchen zurückgehalten werden und die Wunde nicht mehr blutet. Gleichzeitig entlässt der Thrombozyt das Enzym Thrombin ins Blut. Das veranlasst einen Stoff im Blut, das Fibrinogen, dazu, sich in klebriges Fibrin umzuwandeln, das die ganzen Thrombozyten noch zusammenpackt und weitere Thrombozyten aktiviert – und beim Austrocknen, außen auf der Haut, die schützende Kruste erzeugt.
An diesen völlig unterschiedlichen Enzym-Problematiken kannst Du gut sehen, was die Enzyme alles an Aufgaben zu erledigen haben.
Enzyme in der Nahrung …
Unser Körper kann nicht alle Enzyme herstellen. Einige nehmen wir über die Nahrung auf. Wir verwerten einfach die, die die Pflanzen in ihren Körpern schon hergestellt haben. Am meisten davon sind in frischem Obst und Gemüse enthalten – und ganz besonders in wild wachsenden Pflanzen, wie Kräutern. Gerade hier zeigt sich, dass Rohveganer besonders davon profitieren, denn sobald wir Obst und Gemüse über 42°C erhitzen, zerstören wir die Enzyme, die ja bekanntlich meistens aus komplizierten Proteinmolekülen bestehen.
… und in unserer zivilisierten Umgebung
Es gibt allerdings auch chemisch hergestellte Enzyme, wie beispielsweise in Waschmitteln, Fleckentfernern, und Reinigungsmitteln. Da machen die Enzyme fast denselben Job, wie im Körper:
- Proteasen zerlegen Eiweißverbindungen, etwa Eier-, Milch- oder Blutflecken.
- Amylasen knacken stärkehaltige Flecken, etwa Saucen.
- Lipasen zielen auf fetthaltige Verschmutzungen, auch Wachse wie in Lippenstift.
- Pektinasen bauen hartnäckige Frucht- und Marmeladenflecken ab.
- Cellulasen wirken schmutzablösend auf Farbpigmente, glätten Baumwollfasern und frischen die Textilfarben auf.
Aber wir Menschen haben auch gelernt, Enzyme zum Abbau von Umweltgiften einzusetzen. Zwar wird das letztendlich auch immer von der Natur geschafft, kann aber lange dauern und die umweltschädlichen Substanzen haben Zeit ihr Zerstörungswerk durchzuziehen.
So gibt es beispielsweise ein hochgiftiges Nebenprodukt in der chemischen Industrie, das Trichloropropan (TCP). Es ist kaum abbaubar, bleibt über hundert Jahre im Boden erhalten und vergiftet das Grundwasser. Hier wurde ein raffiniert manipuliertes Enzym entwickelt, das diese sehr giftige Substanz schnell zerlegt und in harmlose Molekülreste umwandelt. Damit das auch entsprechend schnell und wirksam geht, werden mithilfe gentechnischer Verfahren beispielsweise die Enzyme so behandelt, dass deren Effektivität sich enorm steigert. So konnte man auch Waschmittelenzyme entwickeln, die auch bei niedrigen Temperaturen Flecken und Schmutz entfernen können.
Es gibt noch viele andere industrielle Anwendungen. So braucht man heute keine giftige Chlorbleiche mehr, um Papier weiß zu bekommen, auch das machen heute Enzyme. Eine gut zusammengestellte Enzym-Mischung baut beim Altppapier-Recycling die Farben und die Druckerschwärze ab.
Also, Enzyme sind wahre Zauberer. Und wir sollten sie zu schätzen lernen.