Aktive und passive Sterbehilfe: Was heißt das?

Kaum ein anderes Thema wird unter Medizinern und anderen Berufsgruppen so konträr diskutiert wie die Sterbehilfe. Ärzte argumentieren einerseits, dass es ihre Aufgabe ist, Leben zu retten, andererseits gibt es auch das Grundrecht jedes Einzelnen selbst zu bestimmen, wie und wie lange er leben möchte. In diesem Artikel erfährst Du, was Sterbehilfe genau ist, welche Arten unterschieden werden und wie die aktuelle Gesetzeslage in verschiedenen Ländern aussieht.

➥ Autor: Marén Kalz

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Sterbehilfe – die verschiedenen Aspekte

Es werden vor allem die Bereiche der aktiven und passiven Sterbehilfe unterschieden. Außerdem ist auch die Beihilfe zum Suizid ein wichtiger Aspekt.

Passive Sterbehilfe

Passive Sterbehilfe bedeutet, dass eine bestimmte Handlung unterlassen oder abgebrochen wird und die betroffene Person deshalb stirbt (z.B. Reanimation, Beatmung, Dialyse, Ernährungssonde). Damit sich ein Arzt durch Unterlassen nicht strafbar machen kann, ist es wichtig, dass der Wille des Patienten z.B. mittels Patientenverfügung bekannt ist. Ohne Patientenverfügung und wenn der Patient sich selbst nicht äußern kann, kann ein rechtlicher Betreuer oder ein Betreuungsgericht eine entsprechende Entscheidung treffen.

Foto: @davidpereiras via envato.elements

Aktive Sterbehilfe

Die aktive Sterbehilfe unterteilt sich noch einmal in die indirekte (aktive) Sterbehilfe und die direkte (aktive) Sterbehilfe. Von einer indirekten aktiven Sterbehilfe spricht man vor allem wenn Ärzte sedierende oder analgesierende Medikamente in einer höheren Dosis geben, um die Finalphase des Sterbenden zu erleichtern und zu verkürzen. Der Patient muss über die Folgen aufgeklärt sein. Es handelt sich dabei um Medikamente, die der Patient entsprechend seinem Leiden sowieso bekommt, wie z.B. Schmerzmittel bei einem Patienten mit großen Schmerzen. Die allmählich erhöhte Dosis führt nach und nach zu einem Herzversagen.

Während ein Arzt sich bei einer indirekten aktiven Sterbehilfe nicht strafbar macht, sofern der Patient aufgeklärt ist, kann die direkte aktive Sterbehilfe mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren geahndet werden. Von einer direkten aktiven Sterbehilfe spricht man, wenn der Patient eine tödliche Überdosis verschiedener Medikamente erhält. Auch wenn der Patient die Tötung selbst verlangt, ist diese Art der Sterbehilfe in Deutschland strafbar.

Beihilfe zum Suizid

Die Beihilfe zum Suizid gilt als eine Sonderform der Sterbehilfe. Bei dieser Sterbehilfe besorgt eine Dritte Person Mittel, die der Patient selbst zur Eigentötung verwendet. Der Patient nimmt das Mittel jedoch selbst ein. Wenn eine Dritte Person die entsprechenden Mittel besorgt, ist dies nicht strafbar. Bekommt man jedoch mit, dass jemand z.B. eine Überdosis an Schlafmittel zu sich genommen hat, muss man den Notarzt rufen, sonst könnte man sich der unterlassenen Hilfeleistung strafbar machen.

Foto: @ijeab via envato.elements

Sterbehilfe im Ausland

Die rechtlichen Regelungen unterscheiden sich in den verschiedenen Ländern. Die aktive Sterbehilfe ist in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Kanada, Spanien und Kolumbien unter bestimmten Auflagen gestattet. So muss es sich meist um eine volljährige Person handeln, deren Willenserklärung bei absoluter Zurechnungsfähigkeit gegeben werden muss. Die Entscheidung für die Tötung treffen dann vorwiegend mehrere Ärzte zusammen oder eine Kommission aus Rechtsvertretern und Ethikbeauftragte. In den Niederlanden und in Belgien wird auch Minderjährigen unter sehr strengen Regeln das Recht auf Sterben zugestanden. Psychisch Kranken ist der Zugang zum assistierten Suizid größtenteils verwehrt, da die Psychosen nicht als unmittelbar lebensgefährlich eingestuft sind und an der Urteilsfähigkeit der Patienten in der Regel gezweifelt werden muss. Nur Kanada wird ab diesem Jahr den assistierten Suizid für psychisch Kranke erlauben.

In der Schweiz und seit kurzem auch in Österreich ist der assistierte Suizid nicht strafbar. In der Schweiz haben sich Suizidhilfeorganisationen wie Dignitas etabliert, die auch von Ausländern regen Zulauf haben. Statistiken von der Dignitis zeigen, dass durch den Verein mehr Suizide verhindert als durchgeführt werden.

In Österreich ist der assistierte Suizid seit Januar 2022 nicht mehr strafbar. Voraussetzung ist, dass die Person, die sterben möchte, ein Gespräch mit zwei Ärzten geführt hat und dann noch einmal einige Wochen wartet. Wenn die Person dann noch sterben möchte, kann sie von einem Notar oder Patientenanwalt eine Sterbeverfügung erhalten und sich damit ein tödliches Medikament aus der Apotheke holen. Man kann das Medikament auch von einem Boten abholen lassen.

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Sterbehilfe und die Sicht der Kirche

Das Christentum stand zu Beginn neutral zur Selbsttötung. Nach der Kreuzigung Jesu und dem Sterben seiner Apostel wählten viele Anhänger christlicher Sekten den Freitod als Märtyrertod – sie wollten Jesus und seinen Aposteln folgen. Schon geringe Strafen reichten aus, damit sie den Freitod wählten. Erst am Ende des 4. Jh. wurde diese Selbsttötungshysterie gestoppt, nachdem der nordafrikanische Bischof Augustin das Gebot “Du sollst nicht töten“ auch auf die Selbstmörder bezog. Von da an drohte einem Selbstmörder die ewige Verdammnis. Es wurden keine Totenmessen mehr abgehalten, die Leichen der Selbstmörder durften nicht mehr kirchlich beerdigt werden und der Staat beschlagnahmte das Vermögen der Verstorbenen.

Erst 1983 wurden von der katholischen Kirche wieder Beerdigungen von Selbstmördern empfohlen. Dennoch distanziert sich die Kirche von der aktiven Sterbehilfe. Sie halten es für unmenschlich, von einem Todkranken die Entscheidung abzuverlangen, dass er für die Angehörigen vielleicht eine zu große Last ist und deshalb um Sterbehilfe bittet. Totkranke und sterbende Menschen gehören in eine Gemeinschaft, in der man füreinander einsteht. Deshalb setzt sich die Kirche für Hospizarbeit ein.

Foto: @felipecaparros via envato.elements

Patientenverfügung

Die Patientenverfügung ist eine Möglichkeit im Vorfeld festzulegen, welche Maßnahmen im Notfall ok sind und welche man selbst ablehnt oder unter welchen Umständen man diese Maßnahmen ablehnt. Je genauer man sich im Vorfeld darüber Gedanken macht, umso verbindlicher ist die Patientenverfügung. Abgesehen davon entlastet man nahestehende Personen, dass sie in einem Notfall schwerwiegende Entscheidungen treffen müssen. Hier erhältst Du mehr Informationen über die Patientenverfügung.

Quellenverzeichnis:

  1. https://flexikon.doccheck.com/de/Sterbehilfe
  2. https://www.swissinfo.ch/ger/gesellschaft/sterbehilfe-assistierter-suizid-schweiz-laender-wo-erlaubt/47716128
  3. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/medikamente-zur-sterbehilfe-ab-2022-aus-der-apotheke-130314/
  4. https://www.praktischarzt.de/magazin/geschaeftsmaessige-sterbehilfe/
  5. https://www.meinbezirk.at/c-politik/vfgh-hebt-verbot-zur-sterbehilfe-auf_a4395327?ref=curate
  6. https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/tod_und_trauer/selbsttoetung/index.html
  7. https://www.bmj.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Patientenverfuegung.pdf?__blob=publicationFile&v=50

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