Olivenöl gilt als gesund und verbreitet den Flair von mediterraner Küche. Es wird meist als besonders kostbar und von exzellentem Geschmack angepriesen. Man fühlt sich gleich kultivierter und freut sich an dem grün schimmernden Olivenkernöl. Die Öle tragen schöne Namen, wie „Dante“ und rühmen sich alle mehr oder weniger, besonders exquisit zu sein. Die wenigsten wissen, dass die Olivenernte dort überhaupt nicht so aussieht, wie Du es auf den Werbeflyern oder auf dem Etikett abgebildet siehst.
➥ Autor: Niki Vogt
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Biodiversität in Gefahr: Die unbequeme Wahrheit hinter Europas Olivenhainen
Viele unserer Vogelarten ziehen im Spätherbst in den Mittelmeerraum, wo sie angenehmere Temperaturen finden. Sie überwintern dort und nisten in den Olivenbäumen. Im Frühling kehren sie wieder hierher zurück. Wenn sie es denn überleben.
Romantische, alte Olivenhaine sind wunderschön und Oasen biologischer Vielfalt. 165 Vogelarten gibt es in diesen oft mehrere Jahrhunderte alten Olivenbäumen, eine Menge verschiedener Ameisenarten, 120 bestäubende Insektenarten und 550 verschiedene Kräuter wachsen, leben, fliegen, krabbeln, blühen, summen und gedeihen in diesen einmalig schönen, jahrtausendealten Biotopen. Das fanden Forscher der spanischen Universität Jaén heraus. Sie fanden sogar eine bisher unbekannte Variante des Leinkrauts.
Olivenhaine zählen zu den wichtigsten europäischen Kulturlandschaften und bieten Refugien für die Biodiversität unserer so unterschiedlichen Landschaften Europas. Ob in Spanien, Italien, Sardinien oder Griechenland … Oliven gehören zu den wichtigsten Exportgütern und daher gibt es auch sehr viele Olivenbäume in diesen Ländern. Spanien zum Beispiel hat rund 300 Millionen Olivenbäume und erntet zirka 1,8 Millionen Tonnen Oliven pro Jahr. Das macht Spanien zum weltweit größten Produzenten von Olivenöl.
Moderne Olivenernte: Effiziente Erntemaschinen statt traditioneller Pflücker
Aber die Olivenernten vollzieht sich meistens nicht so, wie wir uns das vorstellen. Die Pflücker ziehen nicht morgens hinaus auf die grünen Hügel, auf denen seit Generationen die tausend Jahre alten, knorrigen Olivenbäume malerisch hier und da in der Morgensonne stehen. Sie schwätzen nicht fröhlich, während sie behutsam die Oliven pflücken und in Körbe legen.
Überall werden die Oliven heute so geerntet, wie es eine intensive und kosteneffiziente Intensivierung des Agrarsektors erfordert. Der Kunde will gute Qualität zum kleinen Preis. Das geht nicht mit Pflückern. Heute fahren die Erntemaschinen durch Plantagen mit Olivenbäumen, die genau so stehen, dass diese Harvester schnell und effektiv die Oliven von den Bäumen schütteln und einsaugen (hier ein Bild). Das tun sie aber sehr oft mit hellen Scheinwerferlichten des Nächtens, denn die kühleren Temperaturen der Nacht schonen das Aroma der Oliven und das schmeckt man im Olivenöl. Die Erntezeit liegt zwischen November und März, also genau zu der Zeit, wo die Zugvögel aus den nördlicheren Gefilden dort in den Olivenbäumen nisten.
Stiller Tod im Olivenhain: Millionen Vögel sterben durch moderne Erntetechnik
Der nächtliche Radau der Erntemaschinen, die hellen Lichter, das heruntergeschüttelt-werden, das alles verwirrt und verängstigt die Vögel und sie wissen nicht, wohin sie ins Dunkel fliehen sollen. Sie bleiben reglos und geschockt auf dem Boden hocken, um nicht aufzufallen … und werden gnadenlos von den Erntemaschinen mit eingesogen. Das überleben sie nicht.
Auf diese Weise sterben Millionen an Singvögeln jedes Jahr in den Mittelmeerländern bei der Olivenernte. Die Sauger machen keinen Unterschied, ob darunter auch geschützte und vom Aussterben bedrohte Arten sind. In Spanien allein werden jedes Jahr ungefähr 2,6 Millionen Vögel von den automatischen Erntesaugern erfasst und getötet, in Portugal sollen es etwa 100.000 sein, haben Mitarbeiter des Forschungszentrums für Biodiversität und genetische Ressourcen ermittelt.
Auch in Südfrankreich und Italien wird nachts mit den Saug-Erntemaschinen gearbeitet, während die Zugvögel in den Bäumen sitzen und dann mit den Oliven abgeschüttelt und eingesaugt werden. Dazu kommt, dass die toten Vögelchen dann auch noch an Restaurants verkauft werden und als Delikatesse gelten. Das Verspeisen von Singvögeln hat im Mittelmeerraum ja Tradition und wird immer noch gemacht, obwohl es bei Strafe verboten ist.
Foto: @Les_am via envato.elements
Die Zugvögel haben eine Lobby bekommen
Mittlerweile sind Regierungen, Tierschützer und Naturschützer mit Petitionen und Protesten ein gutes Stück weitergekommen. Die spanische Region Andalusien hat seit 2021 diese Erntemethode eingeschränkt. Weitere Länder folgen.
Es ist ja gar nicht nötig, die Ernte mit dem Harvestern zu verbieten. Fahren tagsüber die Schüttel-Sauger durch die Plantagen, fliegen die Vögel schon weit vorher auf und fliehen woanders hin – und kein Vogel muss sterben. Die Oliven landen gut im Netz und kein Vogel muss als Kollateralschaden sterben.
Ein Mittelmeerland und das Mutterland der Olivenhaine ist Griechenland. Dort gibt es hauptsächlich noch die alten Olivenhaine mit alten, großen Bäumen, die verstreut in hügeligen Landschaften stehen. Hier kann man mit den Erntemaschinen nichts ausrichten, hier ist nur die traditionelle Ernte möglich. Und daher wird dort auch kein Vogel getötet.
Wenn Du Olivenöl kaufst und helfen willst, dass dafür keine Vögel sterben müssen, solltest Du auf das Siegel „FAO GIAHS“ (Globally Important Agricultural Heritage Systems) achten. Diese Olivenöle müssen ausschließlich aus handgeernteten Oliven hergestellt werden. Oder Du suchst im Internet nach einem Olivenöl, wo der Erzeuger eine Webseite hat und dort mitteilt, dass er keine Nachternten mit Harvestern macht. Die Wahrscheinlichkeit, dass griechisches Olivenöl mithilfe dieser nächtlichen Erntesauger-Einsätze gemacht wird, ist relativ klein.
Und: Du bekommst ein wirklich erstklassiges, wertvolles und nachhaltiges Olivenöl!