„Traue keinem Garten, in dem kein Unkraut wächst“
Haarnessel, Saunessel, Donnernessel, Dudelkolbe, Gichtrute, Feuerkraut, Eselskraut, Scharfnessel … Viele Namen wurden für die Pflanze erdacht, die wir umgangssprachlich Brennnessel nennen. Dabei erschließt sich aus den Namensgebungen oft eine Verwendung, für die der Alleskönner in früheren Zeiten eingesetzt wurde. Mit diesem Artikel möchten wir aufzeigen wie Du die Brennnessel in Deinem Alltag ganz einfach nutzen kannst – als Hausmedizin, als vitalisierendes Nahrungsmittel, in Deiner Küche, als Kosmetikprodukt ja sogar als natürliches Aphrodisiakum.
➥ Autor: Michael Rudolph
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Das deutsche Wort „Nessel“ stammt vom mittelhochdeutschen Wort „nezzel“ bzw. althochdeutschen „nezzila“ ab. Es bedeutet so viel wie „knüpfen“, da früher aus Nesseln beispielsweise Gewebe, Fischnetze und Stoffe hergestellt wurden. Auch in unserer Zeit entdecken Stoffproduzenten und Designer die Kulturpflanze und deren Möglichkeiten neu. Die Stoffe überzeugen mit angenehmer Haptik als auch der einfachen Verarbeitung. Die natürliche Resistenz der Pflanze benötigt keine Pestizide beim Anbau als auch wenig Wasser.
In der Volksmedizin wird die Brennnessel zur Entgiftung und Entschlackung im Rahmen von Frühjahrskuren und Diäten sowie bei Müdigkeit und Erschöpfungszuständen empfohlen. Die Pflanze wirkt entzündungshemmend, schmerzlindernd, zusammenziehend, harntreibend, Giftstoffe ausspülend, blutdruck- und blutzuckersenkend, blutreinigend als auch durchblutungsfördernd.
Durch diese kraftvollen Eigenschaften kann Dir die Pflanze bei den folgenden körperlichen Beschwerden zu Linderung verhelfen:
Prostataerkrankungen, Anämie, Arthritis, Rheuma, Gicht, Kopfhautschuppen, unreine Haut, Schuppenflechte, Haarausfall, Neuralgien, Hämorrhoiden, Nasenbluten, Blasenentzündungen, Nierenentzündungen, Harn- und Gallenbeschwerden, Blasenschwäche, Darminfektionen, Verdauungsbeschwerden, Gelbsucht, Menstruationsbeschwerden, Wechseljahrbeschwerden, Verbrennungen, Insektenstiche, Bindegewebsschwäche, brüchige Fingernägel
Mit den Inhaltsstoffen punktet die Brennnessel außerordentlich. So ist der Vitamin- C- Gehalt 30-mal höher als bei einem Kopfsalat. Der Eisenanteil beträgt bis zu dreimal mehr als bei Spinat. Weiterhin finden sich folgende Stoffe in der Brennnessel
Cumarin, Flavonoide, Gerbstoffe, Lectine, Lignane, Mineralstoffe, Phytosterine, Sekretin
…nun zum praktischen Teil…
Wo ernte ich die Brennnessel?
Die Qualität der Brennnessel hängt maßgeblich vom Wuchsstandort ab. So sind geschützte, humusreiche Orte in Städten und Wäldern optimal. Es sollte sichergestellt sein, dass keine Hunde ihr Geschäft in der Nähe der Pflanzen verrichten. Auch konventionell landwirtschaftlich betriebene Flächen sollten gemieden werden. Je satter das grün, desto gehaltvoller ist die Pflanze an Inhaltsstoffen und Heilwirkung. Empfehlenswert sind vor allem junge Pflanzen. Ältere Brennnesseln können einen hohen Nitratgehalt enthalten und schädigende Nebenwirkungen auslösen. Beim Sammeln kannst Du Handschuhe tragen. Sollte es zu einem schmerzlichen Kontakt mit dem Feuerkraut kommen lindert das reiben mit Spitzwegerich die betroffene Stelle. Hast Du einen Garten kannst Du der nützlichen Heilpflanze einen Lebensraum schaffen. Ebenso gedeiht die Brennnessel in großen Töpfen. Die Pflanzung kann mit Anzuchtsamen, dem einpflanzen von ausgegrabenen Exemplaren oder auf ganz natürlichem Wege erfolgen. Dabei bietet die Pflanze vielen Insekten als auch Schmetterlingen ein Zuhause und Nahrung.
Welche Teile der Pflanze verwende ich wie und wann?
Brennnesselkraut
sammeln: Frühling – Frühherbst, bei zunehmenden Mond
Verwendung: Tee, Brennnesselspinat, Brennnesselsuppe, Tee als Gesichtswasser, Brennnesselpesto
Eigenschaften: entschlackend, Harnwege reinigend, Blutreinigend
Hinweise: junge Blätter verwenden
Brennnesseltee ist infolge eingeschränkter Herz- und Nierentätigkeit als auch Wasseransammlungen nicht zu empfehlen.
Brennnesselsamen
sammeln: Spätsommer, bei Vollmond
Verwendung: im Brot backen, auf Speisen als Dekoration, im Müsli
Eigenschaften: sehr nährstoffreich, wirkt aphrodisierend, pflegend für die Haare, Steigerung der Samenproduktion beim Mann als auch die Milchbildung bei stillenden Müttern durch hormonähnliche Substanzen
Hinweise: Unreife Samen (genießbar) sind grün und werden frisch verwendet. Braune, reife Samen sind ideal zum Trocknen geeignet. Empfehlenswert sind die Samen der weiblichen Brennnesselpflanze. Diese hängen nach unten. Männliche Pflanzen tragen weniger Samen und zeigen nach oben.
Brennnesselwurzeln
sammeln: Spätsommer, bei abnehmenden Mond
Verwendung: herstellen einer Tinktur mittels Alkohol
Eigenschaften: lindernd bei Prostatabeschwerden
Wie stellst Du eine Tinktur her und wozu?
Tinkturen bestehen aus hochwertigen Pflanzenteilen und Alkohol. Dabei entzieht der Alkohol die Wirkstoffe und kann so Tropfenweise mehr Inhaltsstoffe enthalten als beispielsweise ein Kräutertee. Die zerkleinerten, frischen Pflanzen werden für einen Monat in 30 – 50 prozentigen Alkohol eingelegt. Das Verhältnis sollte etwa 1:1 sein, also ein Teil frische Pflanzen und ein Teil Alkohol. Folgend wird die Tinktur filtriert (Kaffeefilter oder Tuch) und in ein lichtgeschütztes Braunglas umgefüllt. Die Dosierung kann sich auf 3 x 10 bis 3 x 15 Tropfen pro Tag belaufen. Beginnen solltest Du sehr behutsam um die Bekömmlichkeit einzuschätzen. In Zweifelsfragen ist ärztlicher Rat oder ein Gespräch mit einem Heilpraktiker ratsam.
Auch in der Mystik wird der Brennnessel eine heilsame Wirkung zugeordnet. So soll eine Essenz aus Blüten (Blütezeit je nach Brennnesselart von April bis Oktober) Familienstrukturen auf der seelischen Ebene ordnen, uns helfen innerhalb von Beziehungen eigenen Raum zu schaffen als auch psychischen Stress lindern, der beim auseinanderbrechenden zwischenmenschlicher Beziehungen entstehen kann.
Auch für den Abenteurer bietet die Brennnessel Möglichkeiten. So kannst Du dich mit nackter Haut nach altem Brauch in Brennnesseln rollen. Dieser Kick für das Immunsystem hilft bei Gelenkproblemen, Rheuma sowie Hautproblemen und ist ganz sicher eine besondere Erfahrung mit dieser Kulturpflanze.
➥ Quellenhinweise:
- https://www.inana.info/blog/2015/06/09/unsere-pflanzengeister-die-brennnessel.html
- https://www.celticgarden.de/brennessel/
- https://www.heilpraxisnet.de/heilpflanzen/brennnessel-herkunft-inhaltsstoffe-und-wirkung/
- https://www.gartenjournal.net/brennesseljauche
- https://www.pflanzenkunde.net/pflanzen/rezepte/brennessel-bier.html
- https://www.plantopedia.de/brennnesselsamen-ernten/
- Pflanzliche Elixiere für Körper, Seele und Geist – von Brigitte Addington
➥ Videohinweise:
Brennessel Kräuer und Pflanzenkunde Deutschland 2017