Hast du auch manchmal das Gefühl, dass du nicht weißt, ob dein Gesprächspartner dich sympathisch findet? Fällt Dir dann eine Bemerkung ein, die Du eben vielleicht mal besser nicht gemacht hättest? Beschleicht Dich der Gedanke, mal wieder zu viel gequasselt zu haben? Oder im Gegenteil, wolltest Du eigentlich viel interessierter rüberkommen? Oder mehr Wissen einbringen? Mit Liking Gap findest du heraus, wie du auf andere wirkst und erfährst, wie du dich interessanter und wissensreicher präsentieren kannst. Keine Sorge, du bist nicht allein – meistens finden dich andere angenehm und freundlich.
➥ Autor: Niki Vogt
Forscher untersuchten dieses Phänomen in verschiedenen Gruppen
Erica J. Boothby ist eine Forscherin an der Cornell University in den USA. Sie hat zu dem Phänomen „Liking-Gap“ (übersetzt etwa „Sympathie-Lücke“) eine Studie durchgeführt. In der Arbeit unter dem Titel „The Liking Gap in Conversations: Do People Like Us More Than We Think?“ (Die Sympathie-Lücke in Gesprächen: Mögen uns die Leute mehr, als wir denken?) schreibt die Forschergruppe in der Zusammenfassung der Studienergebnisse:
„Kennenlern-Gespräche zu führen, ist wichtig für das soziale Leben. Solche Gespräche können jedoch auch verunsichernd sein. Man fragt und sorgt sich, was die Gesprächspartner wirklich von uns halten. Sind diese Selbsteinschätzungen korrekt? Wir fanden heraus, dass Menschen nach solchen Interaktionen systematisch unterschätzten, wie sehr ihre Gesprächspartner sie mochten und ihre Gesellschaft genossen haben, eine Illusion, die wir „die Lücke“ nennen. Wir beobachteten die Lücke, als Fremde sich im Labor kennenlernten, als College-Studenten im ersten Jahr ihre Wohnheimkameraden kennenlernten und als einander Unbekannte sich während eines Workshops zur persönlichen Entwicklung kennenlernten. Diese Sympathie-Lücke blieb in verschiedenen Gesprächen unterschiedlicher Länge bestehen und sie dauerte sogar mehrere Monate an, in denen Studentenwohnheimkameraden neue Beziehungen entwickelten. Unsere Studien legen nahe, dass Menschen nach Gesprächen mehr gemocht werden als sie wissen.“
Man unterschätzt eigentlich immer, wie sympathisch man „rüberkommt“
Das Ergebnis ist erstaunlich. Die Probanden unterschätzten also ständig, wie sehr sie von den Gesprächspartnern gemocht werden und wie gern die anderen mit ihnen Gespräche führen. Dabei war es gleich, ob es kurze oder lange Gespräche waren und welche Themen. Zum Teil blieb diese Sympathie-Lücke über Jahre bestehen, wie es bei den Studenten im Wohnheim zu beobachten war.
Die Forscher waren ein wenig überrascht von diesem Ergebnis, denn in der Regel sind viele Menschen eigentlich von sich überzeugt, sie schätzen sich hoch ein, halten sich beispielsweise für sozial kompetent, für sehr gebildet, oder umwerfend witzig, charmant oder gutaussehend – und dennoch sind sie in Gesprächen mit „Fremden“ erstaunlich unsicher, wie gut sie beim Gesprächspartner „rüberkommen“. Die Forscher stellen aber dennoch fest, dass „Konversation offensichtlich ein Bereich ist, in dem Menschen einen ganz ‚uncharakteristischen Pessimismus‘ bezüglich auf ihre Leistung und Sympathiewert zeigen.
Wie kommt das Liking-Gap zustande?
„Der Liking Gap existiert, weil wir nach einem Gesprächsende die andere Person nicht einfach fragen können, wie sehr sie uns nun mag. Wir können nur mutmaßen, die Unterhaltung noch einmal durchgehen und alle Dinge bewerten, die wir gesagt haben. Und dabei fragen wir uns natürlich, wie diese Dinge auf einen Menschen gewirkt haben, dessen Wertvorstellungen und persönliche Ansichten wir noch nicht kennen.“
Die Forscher untersuchten nun, woran es denn liegen kann, dass Unterhaltungen mit anderen, mit denen man nicht vertraut ist, so ein schwieriger Parcours sind. Woher kommt die Unsicherheit?
Es liegt an vielen Aspekten, die man bei der Gesprächsführung mit einem „Fremden“ beachtet. Man konzentriert sich darauf, in welcher Art „Gesprächskanal“ man sich bewegen will. Man möchte nicht in ein „Fettnäpfchen“ treten, möglichst unverfängliche Themen anschneiden, sofort elegant zurückweichen, wenn das Gegenüber offensichtlich „nicht amüsiert“ ist. Also beispielsweise keine politischen Themen oder vielleicht erst zart vorfühlen. Im Prinzip das, was man „über das Wetter reden“ nennt. Man beobachtet die Reaktion des anderen, ob man vermintes Terrain betritt, oder ob derjenige positiv oder neutral reagiert.
Gleichzeitig möchte man nicht zu viel reden, nicht allzu viel von sich preisgeben, aber sehr wohl wissen, wen man vor sich hat. Dabei noch abzutesten, ob die Reaktionen des Gegenübers Sympathie erkennen lassen, insbesondere dann, wenn man ihn noch gar nicht einordnen kann, ist sehr schwierig.
Dazu komme, so die Forscher, dass in jedem von uns ein „innerer Kritiker“ steckt. Der versperrt die Sicht darauf, wie andere diese Begegnung emotional bewerten. Und da man selber jede eigene Bemerkung mit Vorsicht platziert, ist man viel zu sehr mit der Kontrolle des eigenen Verhaltens und ständig seinen Gesprächsbeitrag überdenkt: „das hätte ich besser nicht gesagt … jenes hätte ich noch etwas vorsichtiger formulieren müssen … warum hab ich auf die Frage eben nicht freundlicher geantwortet …“
Während man selber unbewusst sehr kritisch auf das Gespräch blickt, ist der Gesprächspartner aber eigentlich ganz zufrieden damit und hadert wahrscheinlich genauso mit seinen eigenen Wortbeiträgen, die wir selbst überhaupt nicht als schwierig oder unangenehm aufgefasst haben.
Der „innere Kritiker“ hat aber seinen Sinn
Ganz falsch ist der innere Kritiker aber nicht. Er sorgt für einen meist konfliktfreien Ablauf der noch fremdelnden Kommunikation, er verhindert ungewollte Konfrontationen und versucht eine Verständigungsbasis zu etablieren.
Wir alle haben ja schon … nun, sagen wir mal „sozial inkompatible“ … Gesprächspartner vor uns gehabt, die ohne Rücksicht auf Verluste ihre Meinung ungefragt, kompromisslos und ungebremst kundtun. Auf so etwas reagiert man ja meistens mit vorsichtigem Rückzug und dem Entschluss, sich nie wieder von diesem nicht abschaltbaren Lautsprecher in ein einseitiges Gespräch verwickeln zu lassen.
Dabei hat dieser Herold seiner eigenen Ansichten und seines intensiven Mitteilungsbedürfnisses noch Glück, wenn er nicht auf einen Gleichgearteten trifft und am Ende zwei Kampfhähne aufeinander prallen.
Andererseits, so die Wissenschaftler der Studie, kann jemand, der den Eindruck hat, sein Gegenüber lehnt ihn ab, hält ihn für dumm oder eigensinnig, darauf sehr defensiv reagieren und sich – für den Gegenüber gar nicht nachvollziehbar – ganz zurückziehen und den Kontakt abwürgen. Damit ist diese Gelegenheit, eine Verständigung zu etablieren, schon versäumt.
Die Schlussfolgerung der Forscher: „Die Angst vor einem Urteil anderer über uns, zusammen mit unserem chronischen Unterschätzen, wie sehr andere uns mögen, kann unsere Beziehungen zerstören, bevor sie überhaupt angefangen haben.“
Nun, also sollten wir wohl etwas Mut fassen und uns selbst und einer neuen Beziehung eine Chance geben: Wir sind (fast) alle sympathischer, als wir selbst glauben.
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